Gesetz zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes und weiterer Gesetze

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Was wir hier heute Morgen erleben, ist ein durchaus erlaubtes Manöver, aber letztlich doch durchsichtig.
Ich will das einmal kurz so beschreiben: Indem sie sagen: „Wir haben dieses KiBiz ja nur zwei Jahre lang verantwortet, danach sind Sie in Regierungsverantwortung gekommen, und jetzt ist das ein rot-grünes Gesetz“, versuchen die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP jetzt im Prinzip, vergessen zu machen, dass die gesamte Grundstruktur dieses Gesetzes von ihnen in den zwei Jahren vorher und in den zwei Jahren, in denen das Gesetz seine Gültigkeit entfaltet hat, als das Nonplusultra und als moderne Gesetzgebung im Bereich der Kindergartenförderung gepredigt wurde.

Darüber hinaus: Sie haben in der Zwischenzeit wohl auch erkannt, dass es vielleicht einige Dinge gibt, die verbesserungswürdig sind – so habe ich einige Hinweise des Kollegen Tenhumberg jedenfalls verstanden –, und kritisieren, dass diese in der jetzigen zweiten Revisionsstufe zu wenig berücksichtigt wurden. Damit versuchen Sie gerade, vergessen zu machen, was hier Ihre Verantwortung ist. Die Grundstruktur dieses Gesetzes verantworten nun einmal Sie.

Sie wissen sehr genau, dass nach unserer Regierungsübernahme im Jahre 2010 zwei Dinge passiert sind:

Erstens. Die Konnexitätsklage war erfolgreich. Das war ein ganz entscheidender Baustein für die weitere Diskussion um eine Reform des KiBiz, weil die Kommunen gegen die schwarz-gelbe Landesregierung Recht bekommen haben, die der Auffassung war, dass sie die KiföG-Bundesmittel über das KiBiz abwickeln könnte.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Das heißt, Sie haben den Kommunen das Geld, das ihnen zustand, über das Gesetz vorenthalten.

(Marcel Hafke [FDP]: Das ist doch gar nicht wahr!)

Das hat dazu geführt, dass die Kommunen dem Land Nordrhein-Westfalen in Bezug auf die Kindergartenfinanzierung überaus feindselig gegenübergetreten sind.

(Marcel Hafke [FDP]: Quatsch!)

Damit ist die Drittel-Drittel-Drittel-Finanzierung, die wir bis dahin bei der Kitafinanzierung kannten, endgültig aufgehoben worden. Ich muss aber zugeben, dass es an der einen oder anderen Stelle durchaus schon Verschiebungen zulasten der Kommunen gegeben hatte. Es ist auch bis heute ganz schwer, sie wiederherzustellen, weil die Kommunen sagen: Wir haben damals Recht bekommen, was wir gegen das Land, die schwarz-gelbe Landesregierung und den damaligen Minister Laschet erstreiten mussten, der immer sagte, es sei alles völlig in Ordnung und es würde den Kommunen nichts vorenthalten. Tatsache ist: Sie hatten den Kommunen zu dem Zeitpunkt schon fast 200 Millionen € vorenthalten, was ja keine Kleinigkeit ist. Das muss man ja einmal sagen.

(Beifall von der SPD)

Zweitens. Die Umstellung vom GTK zum KiBiz war so hektisch und schwer – es gab schwerwiegende Veränderungen –, dass uns auch Träger gebeten haben, nicht alles – das galt insbesondere für die Pauschalen – sofort umzustellen.

Bis heute ist jedem im Land klar, dass die Pauschalen eine Unterfinanzierung darstellen. Das ist so, weil mit der Inkraftsetzung des KiBiz von vornherein klar war, dass die Pauschalen schon die tatsächlichen Personalkosten des Jahres 2008 nicht abgebildet haben.

Warum nicht? Zum einen gab es eine Umstellung vom BAT auf den TVöD; dies bedeutete, dass ein Teil der Erzieherinnen schlechter gestellt wurde. Zum anderen gab es danach eben Tarifabschlüsse, nicht zu vergessen den Gesundheitstarifvertrag bei den Erzieherinnen, wobei ver.di versucht hat, das Thema zu heilen, sodass es an dieser Stelle mit 1,5 % nicht mehr abgebildet wurde, weil wir schon damals wussten, dass die Tarifabschlüsse deutlich höher waren als die Dynamisierungspauschale.

Es ist schon ein starkes Stück, mir von Ihnen heute vorwerfen zu lassen, das seien Veränderungen, die alle ein bisschen schwach seien, und wir hätten das Geld in die Pauschalen stecken sollen.

(Widerspruch von der FDP)

Sie wissen doch ganz genau, warum wir das so einfach nicht machen können!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Warum? Wenn wir die Pauschalen verändern wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, dann müssen wir Vertrauen schaffen, Vertrauen schaffen bei den Kommunen, Vertrauen in die Kindergartenfinanzierung, das Sie kaputt gemacht haben.

(Lebhafter Beifall von der SPD – Beifall von den GRÜNEN)

Jetzt sage ich einmal etwas zu der Frage des Durchpeitschens dieses Gesetzentwurfs durch das Parlament. Tatsächlich hat dieser Gesetzentwurf schon vor dem Referentenentwurf monatelange Vorläufe. In dieser Zeit wurde tatsächlich vom Ministerium und von den regierungstragenden Fraktionen – an der einen oder anderen Stelle hinterließen Sie ja auch traurige Spuren – hier im Land bereits darüber diskutiert, was notwendige Veränderungen sind, die wir jetzt in dieser zweiten Revisionsstufe tatsächlich anpacken wollen.

Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Altenkamp …

Britta Altenkamp (SPD): Deshalb ist das vielleicht für Sie neu. Aber wenn es das Einzige ist, was Sie kritisieren, dann können wir uns ja irgendwie genüsslich zurücklehnen; denn es kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein, dass Sie jetzt über den Zeitplan meckern,

(Beifall von der SPD)

dem Sie übrigens im Ausschuss zugestimmt haben. Das ist ja auch irgendwie nicht zu fassen.

Warum machen wir das so schnell? Weil die Veränderungen und die Verbesserungen, die wir jetzt materiell einführen, so schnell wie möglich auch tatsächlich bei den Kitas ankommen sollen. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall von der SPD)

Präsidentin Carina Gödecke: Liebe Frau Kollegin Altenkamp, Herr Kollege Düngel würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Britta Altenkamp (SPD): Welcher Kollege?

Präsidentin Carina Gödecke: Kollege Düngel.

Britta Altenkamp (SPD): Bitte.

Präsidentin Carina Gödecke: Bitte schön, Herr Kollege Düngel.

Daniel Düngel (PIRATEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielen Dank, Frau Kollegin Altenkamp, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Zunächst einmal möchte ich in meiner Frage darauf hinweisen, dass wir selbstverständlich auch andere Kritikpunkte haben. Aber würden Sie, was das Verfahren angeht, vielleicht einmal erläutern, wie lange der Landtag von der Einreichung des offiziellen Gesetzentwurfs bis zur geplanten Verabschiedung durch den Landtag tatsächlich Zeit hat, also bis zur Verabschiedung des Gesetzes? Wie lang ist der dafür geplante Zeitraum?

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin, bitte.

Britta Altenkamp (SPD): Ich habe mit keinem Wort gesagt, dass der Zeitplan großzügig sei. Er ist in der Tat ambitioniert und knapp. Aber es ist nicht so, dass es damit nicht möglich ist, die notwendigen inhaltlichen Diskussionen zu führen; denn diese Diskussionen führt der zuständige Fachausschuss permanent. Deshalb sehe ich da keinerlei zusätzliche, neue Information, die in irgendeiner Form entstehen könnte, die wir nicht schon haben.

Jetzt sage ich es ganz ehrlich: Wenn Sie wirklich substanzielle Vorschläge haben – Herr Düngel, ich bin ein bisschen länger in dem Geschäft, gerade im Kitabereich –

(Vereinzelt Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)

und sie Ihnen bis jetzt nicht eingefallen sind, dann habe ich wenig Hoffnung, dass da noch etwas passiert, weil dieses Gesetz einfach sehr klare Strukturen hat, die ich nicht gut, sondern nach wie vor fehlerhaft finde. Aber dies wird nichts daran ändern, dass wir jetzt, um tatsächliche Veränderungen hinbekommen zu können, damit es am 1. August 2014 zum kommenden Kindergartenjahr in Kraft treten kann, hier im Haus zügig beraten müssen.

Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum es so schwierig ist, wenn wir hier einmal zügig beraten. Ich halte es für überhaupt nicht anrüchig, dass ein Parlament sich auch einmal mit einer Sache zügig und vernünftig und ernsthaft beschäftigt, in Zeiträumen, die – das ist klar – kurz und ambitioniert, aber durchaus bewältigbar sind.

(Beifall von der SPD)

Jetzt komme ich noch zu zwei, drei Punkten, die Sie heute kritisiert haben, worauf ich erwidern will. Herr Hafke sagt das ja heute auch nicht zum ersten Mal, selbst wenn die Zuschauer den Eindruck bekommen sollten, Herr Hafke habe das Gesetz gestern zum ersten Mal gesehen.

Es ist tatsächlich so: Herr Hafke kritisiert immer, das Gesetz bilde die tatsächlichen Bedarf nicht ab. Ja, das ist durchaus richtig. Aber es ist kein völlig neuer Tatbestand, denn das ist das, was ich Ihnen, Schwarz-Gelb, immer entgegengehalten habe: Es war eine absolute Rosstäuschung, 25, 35 und 45 Stunden einzuführen und dann zu sagen, damit könnten die Eltern flexibel buchen.

Wir machen jetzt Folgendes: Wir stärken die Wahlfreiheit der Eltern. Es ist nicht mehr so, dass Eltern in einigen Kommunen für ein U3-Kind nur 35 oder 45 Stunden angeboten bekommen, obwohl sie eigentlich gern nur 25 Stunden hätten. Das versuchen wir im Augenblick mit dieser Revisionsstufe ein bisschen zu verbessern. Das, Herr Hafke, wird ganz sicher auch dazu führen, dass es bedarfsgerechter wird; denn gerade Eltern von unter Dreijährigen kommen an der einen oder anderen Stelle zunächst gar nicht mit dem Wunsch nach langen Betreuungszeiten auf die Träger zu.

Ein weiterer Punkt, Herr Hafke, um es Ihnen zu sagen: Das, was Sie zum Thema Dokumentation dargestellt haben, ist, um es vorsichtig auszudrücken, sachlich falsch. Wenn man den von Ihnen aufgeführten Punkten folgt, dann bedeutet das ja: Sie glauben, dass die Erzieherinnen dies heute in den Kitas nicht machen. – Sie machen das aber.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

SISMIK und SELDAK, die beiden Beobachtungs- bzw. Dokumentationsbögen, werden heute – schauen Sie nach – in 90 % der Einrichtungen angewandt. Insofern kommt keinerlei neue Bürokratie auf die Einrichtungen zu.

Mit dieser Revisionsstufe und der Stärkung des Bildungsauftrags wollen wir erreichen, dass diese Dokumentation und die Begleitung der Kinder in der frühen Phase der Bildung, im frühkindlichen Bereich, ernst genommen wird, gerade im Übergang zur Schule, und dass deutlich wird, welche Bewertung dies hat.

Dann komme ich zur Sprachförderung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines müssen wir hier wohl einmal klarstellen – das scheint tatsächlich eine neue Information zu sein –: Die Fachleute für Sprachförderung in der frühen Bildung in der Kita sind aus Sicht von Rot-Grün die Erzieherinnen. Deshalb schaffen wir Delfin 4 für die Kinder in der Kita ab, Herr Hafke.

Für die anderen Kinder, die nicht in der Kita sind – das sind leider immer noch 10 % –, halten wir das Delfin-4-Verfahren vor. Allerdings sage ich nach wie vor: Damit besteht das Risiko, dass man über den Sprachstand dieser Kinder nicht wirklich etwas erfährt. Man weiß lediglich etwas über die Tagesform eines vierjährigen Kindes, das jetzt gerade vorgeführt wird. Tatsächlich wollen wir aber für die Kinder, die nicht in der Kita sind, dieses Verfahren weiter anwenden lassen.

In der Kita sind die Fachfrauen und Fachmänner für Sprachförderung und Sprachbildung aus unserer Sicht die Erzieherinnen. Deshalb gehen wir so vor.

Meine Damen und Herren, abschließend bleibt zu sagen: Mit dieser Revisionsstufe kommen jetzt noch einmal 100 Millionen € mehr in das System der Kindergartenfinanzierung in Nordrhein-Westfalen. Damit sind wir in der Zwischenzeit so weit, dass Rot-Grün die Kitafinanzierung verdoppelt hat. Wir sind bei über 2 Milliarden €, die in der Kitafinanzierung in Nordrhein-Westfalen stecken. Mit dieser Revisionsstufe sind keine neuen Aufgaben verbunden. Es gibt Entlastungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es gibt tatsächlich Verbesserungen – auch finanzielle Verbesserungen.

Um einen weiteren Schritt zu gehen, der notwendig ist, und das Gesetz grundständig zu ändern – deshalb lautet die Antwort auf die Frage, ob es das war: Nein, das war es nicht –, brauchen wir aber die Diskussion, Unterstützung und Bereitschaft der Träger und vor allen Dingen der Kommunen. Daran, dass das so schwierig geworden ist, ist Schwarz-Gelb schuld, meine Damen und Herren. Das hat uns diese Aufgabe ausgesprochen erschwert. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)