
Meine Damen und Herren!
Sehr geehrter Herr Minister Laschet, das habe ich auch noch nicht erlebt, dass ich ganz persönlich eine Pressemitteilung bekommen habe und mir Ihre Abteilung Öffentlichkeitsarbeit ganz persönlich etwas geschrieben hat: Brutto ist nicht gleich netto, und März ist nicht gleich November. – Dazu kann ich nur sagen: Ich Sie auch, Herr Minister!
(Heiterkeit und Beifall von der SPD)
Aber schauen wir mal genau hin! 52.508 U3-Plätze waren es laut gestriger Pressemitteilung im März 2009. Im September 2009 waren es laut Ihres Ergänzungsbandes, den Sie mit Datum vom 15. September verschickt haben, 70.000 Plätze in 2008. Laut Pressemitteilung vom 1. August waren es 86.000 Plätze in 2009. Das bedeutet, zwischen dem 1. August 2008 und dem 1. März 2009 sind uns in Nordrhein-Westfalen 18.000 Plätze verlorengegangen, und zwischen März 2009 und August 2009 sind dann 34.000 Plätze mehr geschaffen worden. Das sind Pressemitteilungen aus Absurdistan, Herr Minister.
Das wird aber durch die CDU-Fraktion noch getoppt. Denn am 10. November 2009 kommt um 14:02 Uhr die Meldung von Frau Kastner: Binnen vier Jahren haben wir die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren auf weit mehr als 50.000 Plätze vervierfacht. – Am 10. November 2009 um 16:49 Uhr meldet wieder Frau Kastner: Binnen vier Jahren haben wir die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren auf mehr als 86.000 Plätze versechsfacht.
Herr Minister, die Frage stellt sich: Können Sie vielleicht heute, am 2. Dezember 2009, sagen, wie viele Plätze wir eigentlich in Nordrhein-Westfalen haben?
(Wolfgang Jörg [SPD]: 5 Millionen sind das, wenn man es hochrechnet!)
Denn die 52.508 Plätze haben Sie eingeräumt. Ich sage Ihnen, Herr Minister, Sie können es nicht sagen. Das ist auch der Sinn des KiBiz; denn Sie wollen, dass die Kommunen die Plätze schaffen müssen. Diesen Hinweis geben Sie in Ihrem Gesetz und auch in Ihren Pressemitteilungen, in denen Sie immer wieder sagen: Jetzt sind aber die Kommunen mal dran. – Nur, die Kommunen in Nordrhein-Westfalen verklagen Sie, weil Sie mit den Bundesmitteln nach dem KiFöG in einer Art und Weise umgehen, dass die Kommunen sich in der Zwischenzeit nicht mehr imstande sehen, den U3-Ausbau so, wie er mit dem Bund verabredet ist, überhaupt zu betreiben.
(Beifall von Wolfgang Jörg [SPD])
Sie ziehen das Geld aus dem KiFöG an den Kommunen vorbei. Dabei – das ist der entscheidende Punkt – müssen Sie Anreize schaffen, damit der Ausbau schneller gelingt; denn die Situation in Nordrhein-Westfalen ist – das ist mehrfach belegt – nicht gerade die günstigste.
Deshalb haben wir mal nach Rheinland-Pfalz geblickt. Interessant ist, dass Sie gestern nicht mit einem Wort Rheinland-Pfalz erwähnt haben. Warum wohl?
(Minister Armin Laschet: Ist es so schlecht?)
– Nein. – Das ist doch klar: Rheinland-Pfalz wendet zum Beispiel rund 58 Millionen € für die Beitragsfreiheit auf. Der Vergleichswert für Nordrhein-Westfalen wäre 257 Millionen €. Tatsächlich steht im Landeshaushalt: null.
Rheinland-Pfalz zahlt an Träger und Kommunen, die eine bestimmte Betreuungsquote erreichen, einen sogenannten Betreuungsbonus von insgesamt 16,5 Millionen €. Der Vergleichswert in Nordrhein-Westfalen wäre rund 73 Millionen €. Tatsächlich: null.
Rheinland-Pfalz zahlt an Träger und Kommunen Ausgleiche für den Ausbau in einer Gesamthöhe von 8,7 Millionen €. Der Vergleichswert in Nordrhein-Westfalen wäre rund 38,6 Millionen €. Tatsächlich aber: null.
Rheinland-Pfalz wendet 10 Millionen € für Maßnahmen und integrierte Konzepte zur Qualitätssteigerung sowie Sprachförderung, Übergang in die Grundschule, Erzieherinnenfortbildung und andere Dinge auf. Der Vergleichswert für Nordrhein-Westfalen wäre 44,4 Millionen €. Tatsächlich steckt das Land Unsummen in das sogenannte Delfin-4-Verfahren und leistet damit wirklich keinen Beitrag zu einer vernünftigen Sprachförderung in Nordrhein-Westfalen. Das kann auch gar nicht sein; denn der Vergleichswert zu 44,4 Millionen € in Rheinland-Pfalz ist 28 Millionen € in Nordrhein-Westfalen.
Dann kommt doch noch mal die CDU-Fraktion ins Spiel. Denn Frau Kastner hat gestern dem Minister sekundiert, indem sie sagte: Ja, ja, aber man darf nicht vergessen, Rheinland-Pfalz ist Nehmerland. – Frau Kastner, was soll das denn heißen? Nordrhein-Westfalen war in diesem Jahr auch sechs Monate Nehmerland. Und? Haben wir einen vernünftigen Ausbau? – Nein.
(Beifall von Wolfgang Jörg [SPD])
Das Thema ist doch ein ganz anderes: Wollen Sie den Länderfinanzausgleich auf die Art und Weise außer Kraft setzen? Soll das heißen, dass Sie in Nordrhein-Westfalen der Auffassung sind, Nehmerländer dürften keinen U3-Ausbau machen? Das ist doch abartig und absolut lächerlich, Frau Kastner.
(Beifall von SPD und GRÜNEN)
Herr Laschet, in der Zwischenzeit lässt sich deutlich feststellen, der Unterschied zwischen Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und anderen Flächenländern, in denen der Ausbau wesentlich besser gelingt, scheint der zu sein, dass die Familienministerin in Rheinland-Pfalz von größerem Durchsetzungsvermögen ist als Sie.
(Zurufe von der CDU: Och!)
Sie sind mit diesem Landeshaushalt von Ihrem selbstgesteckten Ziel, kinderfreundlichstes Land in Deutschland zu werden,
(Wolfgang Jörg [SPD]: Meilenwert entfernt!)
weiter entfernt denn je. Da helfen Ihnen auch keine Zahlenspielchen mehr.
(Beifall von SPD und GRÜNEN)
Ich möchte auf eines hinweisen: Die Bundesstatistik, Herr Minister, von der Sie immer sagen, darin werde falsch gezählt, bezieht sich auf den 1. März.
(Minister Armin Laschet: Darin wird richtig gezählt! Sie lesen falsch!)
Herr Laschet, der 1. März 2010 kommt bestimmt. Seien Sie sicher!
(Beifall von Wolfgang Jörg [SPD] – Minister Armin Laschet: Natürlich, Gott sei Dank!)
Lassen Sie mich noch zwei Anmerkungen zu Änderungsanträgen zum Einzelplan 15, die die CDU gestellt hat, machen.
Zunächst einmal geht es um die Aufstockung der Familienhilfe. In einem Berichterstattergespräch, an dem die CDU leider nicht teilnehmen konnte, gab es auf die Frage, wie viel Mittel an Rückflüssen aus dem KiBiz zum Beispiel zur Verstärkung der Familienhilfe zur Verfügung stehen würden, den Hinweis, dass das maximal 1 Million € ausmachen könnte. Sie stellen in Ihrem Antrag 4,5 Millionen € ein.
Gesetzt den Fall, 4,5 Millionen € könnten dafür zur Verfügung stehen, frage ich allen Ernstes: Wenn es Rückflüsse aus dem KiBiz gibt, warum verwenden Sie die nicht zum einen für den U3-Ausbau? Zum anderen muss man auch an der Stelle wieder sagen, dass Ihre Luftbuchungen im KiBiz, wo Sie im Nebel stochern und sich vorstellen, dass es vielleicht irgendwelche Summen geben könnte, gerade durch einen solchen Antrag massiv belegt werden.
Der letzte Punkt – das ist aber schon ein Ritual zwischen den regierungstragenden Fraktionen und unserer Fraktion – betrifft das, was Sie wieder mit dem Landesjugendplan veranstalten. Ich weiß nicht, ob Sie wirklich klug beraten sind, derart in den Landesjugendplan einzugreifen und den Verbänden die Möglichkeit zu nehmen, sich positiv zu entwickeln, wenn es doch insgesamt 20 Millionen € weniger gibt.
(Minister Armin Laschet: Wo gibt es weniger?)
Sie wissen doch auch, dass in der offenen Kinder- und Jugendarbeit erhebliche Bedarfe bestehen, um sich auf die offene Ganztagsschule und die Folgen daraus einzustellen. Sie fördern aber Strukturen, statt Möglichkeiten zu geben, sich flexibel zu entwickeln. Da ist der Vorschlag des Ministeriums noch wesentlich wegweisender als das, was Sie jedes Jahr hier vorlegen.
Vor diesem Hintergrund können wir nur sagen – das wird Sie nicht überraschen –: Der Einzelplan 15 in den Teilbereichen Generationen und Familie, Kinder und Jugend wird von unserer Fraktion abgelehnt. – Herzlichen Dank.
(Beifall von der SPD)