Wie erkläre ich meiner griechischen Verwandten, warum sie zur Kulturhauptstadt kommen sollte? Mit dieser Frage startete Moderator Kostas Mitsalis am letzten Donnerstag im gut gefüllten Katakombentheater eine breite Diskussion darüber, ob mit den kulturellen Angeboten in Essen – nicht nur im Kulturhauptstadtjahr – auch ein multikulturelles Publikum erreicht wird.
Die Landtagsabgeordneten Peter Weckmann und Britta Altenkamp (SPD) hatten eingeladen und auf dem Podium neben Kazim Calisgan, dem Leiter des Katakombentheaters, Dr. Oliver Scheytt als Geschäftsführer der Ruhr. 2010 GmbH, Apostolos Tsalastras, Kulturdezernent der Stadt Oberhausen, und Dr. Fritz Behrens, Vorsitzender des Kulturausschusses des Landtags, um sich versammelt.
Dr. Oliver Scheytt nannte neben den bekannten Highlights als gute Beispiele für Kulturhauptstadtprojekte, mit denen auch das Thema Zuwanderung und kulturelle Bereicherung symbolisch aufgegriffen werde, das "Still-Leben Ruhrschnellweg", bei dem ein 60 Kilometer langer Tisch die Bewohner der Metropole Ruhr zu einer Tafel der Kulturen, Nationalitäten und Generationen zusammenbringt, und das MELEZ.Festival. Hier wird das Festival in einem Zug zur Bewegung und künstlerische Produktionen und Aktionen rund um den Zug spiegeln die kulturelle Vielfalt der Metropole Ruhr sowie Europas wider.
Die anschließende Diskussion mit dem Publikum reichte thematisch weit über die Kulturhauptstadt hinaus. Nach Ansicht der Diskutanten wird in Deutschland zu viel Wert auf eine Unterscheidung zwischen Hochkultur und Alltagskultur gelegt. Das gilt in vielen anderen Ländern überhaupt nicht. Kazim Calisgan, einziger türkischstämmiger Leiter eines Theaters in NRW, wies daraufhin, dass die Türkei eine weit breitere Basis an Alltagskultur aufweise, die in Deutschland gar nicht wahrgenommen werde.
"Es ist deutlich geworden, dass viele Kulturschaffende und Veranstalter mit Migrationsgeschichte und anderen kulturellen Wurzeln sich bei uns noch nicht richtig wahrgenommen und wertgeschätzt fühlen", so der Eindruck von Peter Weckmann. "Ich halte es für notwendig, dass sich Kulturverantwortliche im Kulturhautstadtjahr und darüber hinaus für eine Kultur der gegenseitigen Anerkennung und des Zulassens stark machen".
"Es geht auch darum, das Thema Integration viel umfassender zu betrachten und in jedem Bereich – nicht nur in der Sozialpolitik – auch mutlikulturell zu denken und zu entscheiden.", fasste Britta Altenkamp das Ergebnis der Diskussion zusammen.