
Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren!
In der Tat muss man einige Sekunden darüber nachdenken, wie es zu diesen Tarifauseinandersetzungen gekommen ist. Es handelt sich um eine Vereinbarung, die mit dem Tarifabschluss 2005 verbunden war. Da ging es darum, dass es in einer weiteren Verhandlung einen Gesundheitstarifvertrag geben sollte. Seitens der öffentlichen Arbeitgeber, seitens der kommunalen Arbeitgeber wurde die Aufnahme dieser Verhandlungen verschleppt. Vor diesem Hintergrund hat es dann eine ganze Zeit gedauert, bis Verhandlungen überhaupt aufgenommen wurden.
Dann hat es ein Angebot gegeben, von dem die Gewerkschaften das Gefühl hatten, das sei nicht wirklich ernst gemeint. Erst dann ist es zu Streikauseinandersetzungen gekommen – zwei Jahre, nachdem vereinbart war, dass es einen Gesundheitstarifvertrag geben soll.
Auch wir sind der Auffassung, dass das, was da tariflich vereinbart worden ist, dringend notwendig war. Denn es hat mit der Implementierung des TVöD ein Gerechtigkeitsdefizit gegeben,
(Christian Lindner [FDP]: Das ist der wahre Grund!)
insbesondere für Neueinstellungen und bei der Einstufung von Leitungsfunktionen in den Kindertageseinrichtungen. Ich möchte nur betonen, dass es seitens meiner Fraktion immer wieder Hinweise darauf gegeben hat, dass es da eine Gerechtigkeitslücke im TVöD gibt.
(Beifall von der SPD)
Es sind aber nicht nur die Tarifabschlüsse, die dazu führen, dass das Land dringend bei den Kindpauschalen nachjustieren muss. Wenn Sie sich die strukturellen Probleme einiger Träger angucken – nehmen wir den größten Träger Deutschlands nach eigenem Bekunden, ganz sicher der größte Träger in Nordrhein-Westfalen, der Kita-Zweckverband –, dann blickt er nach anderthalb Jahren KiBiz auf 5,6 Millionen € Defizit. Das kann nicht nur daran liegen, dass wir mittlerweile mehr Gehälter für Mitarbeiterinnen aufbringen müssen. Da sind auch andere Probleme.
Und diese Probleme können Sie der Analyse in unserem Antrag entnehmen. Es ist tatsächlich so: Wenn man Anforderungen im frühkindlichen Bereich mit der Antwort vergleicht, die das Land darauf gibt, dann kommt man zu erheblichen Lücken.
Nehmen wir die Anforderung schrittweiser Beitragsfreiheit. Sie haben den Rechtsanspruch ab 2010/2011, wenn ich das richtig sehe, beschlossen. Das wird ein harter Schritt werden. Wie wollen Sie dieses erreichen? Ich glaube, dass es wesentlich vernünftiger ist, zunächst einmal die Mittel, die Sie vom Bund erhalten, um die U3-Betreuung erheblich zu verbessern, an die Kommunen, die den Rechtsanspruch letztlich verwirklichen müssen, durchzuleiten und ihnen zur Verfügung zu stellen.
(Beifall von Norbert Killewald [SPD])
Von 45 Millionen €, die dieses Jahr seitens des Bundes den Kommunen in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt werden, verlieren die Kommunen durch die Abwicklung über das GFG hier in Nordrhein-Westfalen 34,7 Millionen. In 2011 werden es bei 75 Millionen Bundesmitteln immerhin ein Verlust von 57,8 Millionen € sein. Im Jahre 2012 gibt es 107 Millionen € Bundesmittel, und der Verlust der Kommunen macht dann 82,4 Millionen € aus. Da liegt in der Tat eine Regelungsnotwendigkeit vor. Verabschieden Sie sich von der Abwicklung über das GFG! Dann kommen wir meiner Meinung nach, was den Rechtsanspruch betrifft, erheblich weiter.
(Beifall von der SPD)
Beim Thema Beitragsfreiheit gibt es in der Tat in der Zwischenzeit eine erhebliche Gerechtigkeitslücke. In Düsseldorf werden keine Elternbeiträge mehr erhoben,
(Ralf Witzel [FDP]: Das ist doch gut!)
in anderen Kommunen werden erhebliche Elternbeiträge erhoben. Es gibt einen Wettbewerb – so wie Sie es wünschen – zwischen den Kommunen, die letztlich den Wettbewerb aber gar nicht aufnehmen können. So ist das ein Unterhaken von Einarmigen im Ruhrgebiet. Die Grenzen werden schnell deutlich.
Ich glaube, an der Stelle geht es nicht ohne die Wiedereinführung des Elternbeitragsdefizitausgleichs. Nur so können Sie gleiche Lebensbedingungen und gleiche Zugangschancen zur frühkindlichen Bildung tatsächlich schaffen. Ich denke, Sie sollten wenigstens die Mittel für ein beitragsfreies Kindergartenjahr zur Verfügung stellen. Auch das würde an einigen Stellen ganz sicher mehr Chancengerechtigkeit schaffen.
Beim letzten Punkt geht es um die Mittel zur Erhöhung der Besuchsquote bei drei- bis sechsjährigen Rechtsanspruchskindern. In der Zwischenzeit haben wir in einigen Kommunen die verrückte Situation, dass die den U3-Ausbau gar nicht mehr weiter betreiben können, weil sie das nur noch aufgrund der Anweisungen der Kommunalaufsicht machen können, wenn sie Rechtsanspruchsplätze abbauen. Das ist in der Tat eine absurde Situation.
(Beifall von Frank Sichau [SPD])
Das war doch das, was Sie mit dem KiBiz aufheben wollten. Denn das war die sogenannte Umwandlungswelle, die ja mit dem GTK einherging, das Sie immer stark kritisiert haben. Vor dem Hintergrund kann ich überhaupt nicht verstehen, warum Sie das in der Zwischenzeit einfach nur so laufen lassen. Deshalb sind unsere Forderungen weiter gehend, als jetzt nur die Kindpauschalen anzuheben.
Ich finde es in der Tat auch ein bisschen zu kurz gesprungen. Die strukturellen Probleme, die das KiBiz in der Zwischenzeit doch deutlich zeigt, insbesondere, was die Qualität der Arbeitsverhältnisse in Nordrhein-Westfalen betrifft – denn es wird für viele Kommunen kaum möglich sein, die Tarifabschlüsse dann tatsächlich zu realisieren –, müssen Sie doch sehen. Sie können doch nicht bis 2011 warten, um zu evaluieren und möglicherweise zu dem gleichen Ergebnis zu kommen wie wir und dann nachzujustieren.
Also tun Sie es jetzt! Jetzt haben Sie die Möglichkeit, aufgrund der Tarifverträge tätig zu werden. – Herzlichen Dank.
(Beifall von SPD und GRÜNEN)