Hat Bundeskanzlerin Merkel die bundesweit als fremdenfeindliche Entgleisung empfundene Aussage des Ministerpräsidenten gutgeheißen?

Mündliche Anfrage 322

der Abgeordneten Altenkamp von der Fraktion der SPD:

Hat Bundeskanzlerin Merkel die bundesweit als fremdenfeindliche Entgleisung empfundene Aussage des Ministerpräsidenten gutgeheißen?

Ministerpräsident Rüttgers hat auf einer Wahlkampfkundgebung in Duisburg am 26. August ausweislich eines Mitschnitts auf der Internetplattform YouTube wörtlich ausgeführt: „Im Unterschied zu den Arbeitnehmern hier im Ruhrgebiet kommen die in Rumänien eben nicht morgens um sieben zur ersten Schicht und bleiben bis zum Schluss da. Sondern sie kommen und gehen, wann sie wollen, und wissen nicht, was sie tun.“ Diese Aussagen von Ministerpräsident Rüttgers haben bundesweit Empörung ausgelöst. Regierungssprecher Dr. Wichter hat laut Presseveröffentlichungen versucht, die Aussagen des Ministerpräsidenten zu relativieren. Er verwies darauf, dass Herr Rüttgers seine kritische Passage zur Arbeitsmoral von rumänischen Arbeitnehmern auch bei einer Wahlkampfveranstaltung in Bonn im Beisein von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel getätigt habe – „unwidersprochen“, wie Dr. Wichter ausdrücklich betonte.

Hat nach Ansicht der Staatskanzlei Bundeskanzlerin Merkel die bundesweit als fremdenfeindliche Entgleisung empfundene Aussage des Ministerpräsidenten damit gutgeheißen?

Ich bitte Herrn Minister Krautscheid um die Beantwortung der beiden Fragen. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich beantworte zunächst die Frage des Abgeordneten Priggen nach dem Wann und Wo.
Ich kann vonseiten der Landesregierung die Zeitpunkte, nach denen Sie fragen, auch nur nach den uns vorliegenden Aufzeichnungen rekonstruieren. Nach den Videos, die man an verschiedenen Stellen sehen kann, ist er in Duisburg am Mittwoch, den 26. August, und in Münster am Freitag, den 28. August, gewesen. Am 27., also dazwischen, stand schon das erste Video auf der entsprechenden Homepage.
Der Ministerpräsident hat sich dort in seiner Rede vor allen Dingen mit aus seiner und unserer Sicht falschen und unklugen Standortentscheidungen auseinandergesetzt und sich nicht mit Rumänien, sondern mit einer konkreten Entscheidung für ein konkretes Werk beschäftigt. Er hat sich insbesondere dafür eingesetzt, dass zukünftig bei solchen Standortentscheidungen die Interessen der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärker ins Gewicht fallen sollen.

(Beifall von der CDU)

Soweit darüber hinaus gehende Äußerungen gefallen sind, die Dritte betroffen haben, hat er sich dafür in vollem Umfang entschuldigt.

(Frank Sichau [SPD]: Während der Rede?)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Minister.

(Zuruf von der SPD: Und was ist mit der zweiten Frage?)

– Danke für den Hinweis. Bitte, Herr Minister.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Frau Abgeordnete Altenkamp, die Bundeskanzlerin hat sich bislang zu diesen Fragen nicht geäußert.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Abgeordnete Altenkamp hat das Wort für ihre erste Nachfrage. Bitte schön, Frau Altenkamp.

Britta Altenkamp (SPD): Vielen Dank – Herr Minister, trifft es zu, dass bei der Veranstaltung in Bonn Frau Merkel zugegen war?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Frau Abgeordnete, es war eine außerordentlich gut besuchte Wahlkampfveranstaltung, wie ich der Presse entnommen habe. Die vielen tausend Menschen sind insbesondere wegen der Bundeskanzlerin gekommen.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege Priggen.

Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Krautscheid, ich möchte zunächst deutlich sagen, dass ich persönlich es befremdlich finde, dass der Ministerpräsident auf die Fragen nicht selber antwortet, weil es seine Äußerungen waren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich möchte meine Frage präzisieren. Mir liegen acht weitere Veranstaltungen vor, die im Rahmen des Kommunalwahlkampfes durchgeführt wurden. Man musste ja, wenn man den Videofilm gesehen hat, den Eindruck haben, dass das ein Teilelement einer Rede ist, wie wir das alle machen, die man an vielen Orten hält.

Ich zähle diese acht Veranstaltungen auf: Am Samstag, den 15. August, war er in Oberhausen, am Mittwoch, den 19. August, in Bielefeld, am Freitag, den 21. August, in Bergisch Gladbach, am 26. August in Mönchengladbach, am 26. August in Krefeld, am 28. August in Mülheim und in Wuppertal und am 29. August in Köln. Können Sie ausschließen, dass in den Reden an diesen Orten das gleiche Versatzstück wieder benutzt worden ist, das sich mit der Disziplin der rumänischen Arbeiter beschäftigt?

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Minister.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Zum ersten Teil Ihrer Frage, Herr Abgeordneter: Ich habe mich bei der Beantwortung dieser Frage durch mich an dieser Stelle an die Spielregeln gehalten, die auch für meine Vorgänger und für die Ministerpräsidenten vor Herrn Rüttgers in der Fragestunde gegolten haben. Es ist ständige Übung des Hauses, dass der Minister in der Staatskanzlei hier zur Fragestunde zur Verfügung steht.

(Beifall von der CDU)

Zweitens. Sie haben durch die Aufzählung gesehen, wie nahe der Ministerpräsident bei den Menschen ist und wie viele Menschen er im Wahlkampf sieht.

(Beifall von der CDU)

Mir liegen keinerlei Aufzeichnungen – weder per Video noch per Tonband – von einer der von Ihnen beschriebenen Auftritte vor, sodass wir selbstverständlich auch nicht rekonstruieren können, welche Äußerung wann gefallen ist, zumal es sich hierbei – darauf darf ich auch hinweisen – um Parteitermine und nicht um Regierungstermine handelt. Sie wissen, dass wir hier sehr genau und sauber trennen. Das war nicht immer so.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächster Fragesteller hat der Kollege Link das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sören Link (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Das war nicht immer so“, waren die letzten Worte von Herrn Krautscheid. Ich finde, das ist eine schöne Überleitung, denn es war wirklich nicht immer so, dass sich der Ministerpräsident in dieser Art und Weise über andere Nationen geäußert hat.

Sie haben gerade gesagt, es sei ständige Praxis, dass der Minister aus der Staatskanzlei antwortet. Meine Frage ist – bezogen auf die letzte Antwort des Ministers Krautscheid –: Gab es in der Vergangenheit vergleichbare Fälle, bei denen ein Ministerpräsident bei einer derartigen höchstpersönlichen Entgleisung seinen Minister aus der Staatskanzlei geschickt hat, ja oder nein?

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Minister.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Abgeordneter Link, da ich mich in meiner Erinnerung nur unscharf entsinne, würde ich das gerne prüfen.
Ich glaube, dass sich Ministerpräsidenten in der Vergangenheit Entgleisungen haben zuschulden kommen lassen, die sie nicht persönlich vor diesem Haus verantwortet haben, hier nicht immer persönlich vertreten haben. Ich kann Ihnen gerne einige Beispiele von früheren Ministerpräsidenten heraussuchen und Ihnen sowie auch den anderen Abgeordneten schriftlich zukommen lassen.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Kollegin Altenkamp.

Britta Altenkamp (SPD): Herr Minister, nun geht es in meiner Frage um die Veranstaltung in Bonn, bei der die Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel zugegen war. Es ist nicht von uns, sondern vom Regierungssprecher Herrn Dr. Wichter der Hinweis gekommen, dass bei einer Veranstaltung in Bonn die Äußerungen gefallen seien und die Bundeskanzlerin daneben gestanden und keinerlei Beanstandungen daran gehabt habe.
Nun frage ich Sie: Gehen Sie mit dieser Äußerung und ging Herr Dr. Wichter mit seiner Äußerung davon aus, dass, wenn Frau Dr. Merkel keinerlei Zweifel an solchen Äußerungen hat, die Äußerungen damit richtig sind?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Wenn Sie sich die Äußerung des Regierungssprechers genau vor Augen führen, dann stellen Sie fest, dass er lediglich darauf hingewiesen hat – schauen Sie bitte sehr genau hin –, dass die Rede des Ministerpräsidenten in Bonn, die in Anwesenheit der Kanzlerin gehalten worden ist, von niemandem beanstandet wurde. Herr Wichter hat – ich kann das überhaupt nicht nachprüfen, weil ich keine Aufzeichnung davon habe – nicht behauptet, dass diese Äußerung in Bonn gefallen ist. Er hat lediglich gesagt, dass die Rede des Ministerpräsidenten nicht beanstandet worden ist, übrigens auch nicht von den rund, wie ich gehört habe, rund 40 Journalisten aus Berlin und Düsseldorf, die zugegen waren, zugehört haben und jedenfalls an dieser Rede nichts auszusetzen hatten.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Minister. – Frau Kollegin Beer.

Sigrid Beer (GRÜNE): Herr Minister Krautscheid, Sie haben auf die Frage des Kollegen Priggen geantwortet, dass Ihnen keinerlei Dokumente über die Reden vorliegen, die der Ministerpräsident an anderen Örtlichkeiten gehalten hat. Gehört denn zum Beispiel das Thema Opel und dieses Versatzstück zum Thema Nokia und Rumänien zum festen Bestandteil seiner Reden?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Noch einmal: Ich schreibe weder die Reden, noch bin ich bei diesen vielen Kontakten mit den Bürgern regelmäßig dabei. Insofern kann ich Ihre Frage schon statistisch nicht beantworten, ob irgendein Stück in irgendeine Rede hineingehört.
Sie wissen, dass der Ministerpräsident sich insbesondere der Thematik Opel annimmt. Sie haben das gerade selber angesprochen. Sie wissen, dass ihm sehr daran gelegen ist, die Standortinteressen in Bochum und die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit großem Nachdruck sowohl gegenüber der Bundesregierung als auch gegenüber den amerikanischen Anteilseignern zu vertreten. Sie wissen, dass er dies mit viel persönlichem Einsatz tut. Insofern könnte ich mir vorstellen, dass das Thema Opel in vielen Reden eine Rolle spielt. In welcher Formulierung, entscheidet der Ministerpräsident höchstpersönlich.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege Remmel.

Johannes Remmel (GRÜNE): Herr Minister, Sie haben eben auf die Frage des Kollegen Priggen, ob Sie ausschließen können, dass der Ministerpräsident bei den genannten Terminen die bekannten Versatzstücke verwendet hat, nicht klar geantwortet. Deshalb frage ich noch einmal: Können Sie ausschließen, dass der Ministerpräsident bei den genannten Terminen diese Versatzstücke verwendet hat? Eventuell – davon gehe ich aus – haben Sie den Ministerpräsidenten in der Vorbereitung zur heutigen Fragestunde zu diesen Terminen befragen können.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Nein, habe ich nicht befragt. Ich bleibe bei der gleichen Antwort – da können Sie die Fangfrage ruhig anders herum formulieren –: Ich verfüge über keine Informationen, welche Rede der Ministerpräsident bei diesen Terminen gehalten hat. Ich kann mir aber vorstellen – da die Veranstaltung gut besucht waren –, dass es sehr erfolgreiche Auftritte waren.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Kollegin Löhrmann, bitte.

Sylvia Löhrmann (GRÜNE): Ich komme noch einmal auf die Chronologie, nämlich auf einen WDR-Bericht vom letzten Freitag, 4. September, zu sprechen. Ausweislich der Niederschrift, die uns zugegangen ist, heißt es dort wie folgt:
Jürgen Rüttgers will vor der Kamera keine Stellung zu den Vorwürfen nehmen. Das würde die Schmutzkampagne der SPD nur unnötig aufwerten, heißt es aus der Staatskanzlei. Und in der Parteizentrale beschwichtigt man, der Ministerpräsident habe schlicht die Wahrheit über die Nokia-Arbeiter in Rumänien gesagt.
Herr Wüst wird dann zitiert:
Darüber kann man in ersten Zeitungsberichten lesen, dass es dort offensichtlich an Qualifizierung und an Arbeitsethos mangelt. Da haben wir uns in Rumänien nichts vorzuwerfen.
Ich möchte Sie fragen: Wenn diese Aussagen in der Staatskanzlei und der Parteizentrale geäußert worden sind, wieso hat es denn dann eine Entschuldigung gegeben?

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Minister.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Wir sind ja sauberes Arbeiten gewöhnt.

(Lachen von der SPD)

Die Zitate, die Sie mir vorwerfen nach dem Motto: „Widerspruch zur Entschuldigung“, sind anonyme Zitate aus der Staatskanzlei etc. Sie haben kein öffentliches Zitat eines Vertreters dieser Landesregierung, welches im Gegensatz zu der Entschuldigung des Ministerpräsidenten steht.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Danke, Herr Minister. – Herr Kollege Priggen.

Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Krautscheid, ich habe das eben so verstanden, dass Sie das für eine Entgleisung halten und nicht ausschließen können, dass auf den Veranstaltungen dieses Versatzstück genutzt worden ist. Das akzeptiere ich.
Normalerweise wird doch der Ministerpräsident für seine Termine mit einer Rede vorbereitet. Also wird er doch ein Redemanuskript für diese einzelnen Termine bekommen haben. Wir haben diese Fragen nun präzise vorher gestellt, Sie beantworten sie. Also müssten Sie sich doch erkundigt haben, ob er dazu ein Redemanuskript bekommen hat und ob dieses Versatzstück in der einen oder anderen Form darin enthalten ist.
Ich bitte jetzt um eine präzise Antwort, ob Sie das recherchiert haben und ob das darin enthalten war. Sonst können wir uns nämlich das ganze Fragen hier schenken, wenn Sie immer nur allgemein auf Wahlkampf abheben.

(Demonstrativer Beifall von der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Minister, bitte.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Priggen, ob wir uns das schenken können oder nicht, entscheiden Sie alleine. Ich habe allerdings zwischendurch einmal das Gefühl gehabt, dass das Ausmaß Ihrer Empörung der letzten Tage nicht so ganz mit dem Ausmaß von Präsenz und Engagement heute Nachmittag übereinstimmt.

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Unverschämt! -Hannelore Kraft [SPD]: Das haben Sie als Mitglied der Landesregierung nicht zu bewerten!)

– Da haben Sie recht. Ist okay.

(Weitere lebhafte Zurufe von SPD und GRÜNEN – Unruhe)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! – Herr Minister.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Ich möchte auf die Frage von Herrn Priggen antworten. Herr Priggen, Sie hätten auf den Punkt recht, und ich müsste Ihnen sozusagen eingestehen, mich nicht ordentlich vorbereitet zu haben, wenn ich diese Redemanuskripte nicht eingesehen oder angefordert hätte. Das Problem ist aber, es handelt sich um Parteitermine. Ich kümmere mich um Regierungstermine, nicht um Parteitermine.

(Zustimmung von Christian Weisbrich [CDU] – Edgar Moron [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht, Herr Weisbrich! – Lebhafte Gegenrufe von der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Kollege Bischoff.

(Fortgesetzt Zurufe von der CDU)

– Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe den Zwischenruf des Kollegen Moron nicht als eine Frage empfunden. Er wäre auch gar nicht dran gewesen. Es ist sein Fraktionskollege Bischoff an der Reihe. Bitte schön.

Rainer Bischoff (SPD): Herr Minister, zunächst der Regierungssprecher und auch Sie haben eben die Anwesenheit der Bundeskanzlerin betont. Gehen Sie bei deren Stillschweigen davon aus, dass sie die Äußerung des Ministerpräsidenten mitgetragen hat?

(Zuruf von der CDU: Welch eine Frage!)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Minister, bitte schön.

(Unruhe)

– Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre für uns alle hilfreich, wenn Sie etwas Ruhe hier im Raum bewahren könnten; dann könnte man nämlich sowohl die Frage als auch die Beantwortung akustisch besser vernehmen. – Bitte schön, Herr Minister.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Abgeordneter Bischoff, für eine Antwort auf Ihre Frage muss ich noch einmal ein bisschen zurückspulen. Ich hatte es eigentlich erklärt. Es ist nicht einmal klar, ob diese Äußerung an dem Nachmittag in Bonn überhaupt gefallen ist. Wie soll ich also beantworten, ob eine vielleicht gar nicht gefallene Äußerung von der Bundeskanzlerin gutgeheißen, toleriert oder sonst was würde? Ich glaube, wir befinden uns hier schon in einem sehr spekulativen Bereich, und den möchte ich auf jeden Fall meiden.

(Beifall von Peter Biesenbach [CDU])

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Kollege Stüttgen, bitte.

Gerd Stüttgen (SPD): Herr Minister Krautscheid, waren Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Staatskanzlei oder Personen, die aus Landesmitteln finanziert werden, an der Erstellung der besagten Reden beteiligt?

(Lothar Hegemann [CDU]: Die Zeiten haben sich geändert! – Gegenruf von Edgar Moron [SPD]: Das glaube ich nicht! – Unruhe)

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Abgeordneter Stüttgen, ich kann verstehen, wenn diese Frage von lieben Gewohnheiten getragen wäre …

(Beifall von der CDU)

Aber: nein.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank. – Frau Kollegin Asch.

Andrea Asch (GRÜNE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich habe eine Frage, die sich an den Integrationsminister dieses Landes richtet.
Herr Laschet, in der letzten Legislaturperiode wurde ja mit der Integrationsoffensive die Übereinkunft zwischen allen Fraktionen und der Landesregierung begründet, die wir jetzt in dieser Legislatur weiter fortgeführt haben, nämlich Integrationspolitik gemeinsam zu gestalten und insbesondere sie nicht auf dem Rücken von Ausländerinnen und Zugewanderten auszutragen und schon gar keinen Wahlkampf auf dem Rücken dieser Bevölkerungsgruppe, dieser Menschen hier im Lande auszutragen.
Müssen wir denn jetzt nun diese Äußerungen des Ministerpräsidenten, die, wie wir ja wissen, nicht spontan, zufällig gefallen sind, sondern die an vier verschiedenen Orten offenbar sehr gezielt und vorbereitet getroffen wurden, als Ankündigung begreifen, dass der Konsens, nicht auf dem Rücken der Ausländerinnen und Zugewanderten Politik und schon gar nicht Wahlkampf zu machen, aufgekündigt wird?

(Lothar Hegemann [CDU]: Nein!)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Meine Kolleginnen und Kollegen, ich weise darauf hin, dass die Landesregierung selber entscheidet, wer für sie auf die Frage antwortet. Ich habe aber die Körpersprache des Ministers Laschet so verstanden, dass er antworten möchte. – Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Armin Laschet, Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration: Schön, Frau Präsidentin, dass Sie sich um meine Körpersprache sorgen.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Wir verstehen Ihre Körpersprache! – Britta Altenkamp [SPD]: Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie sich sorgt! Aber egal!)

Ich möchte die Frage nutzen, daran zu erinnern – das ist das, was ich auch am Wochenende gemacht habe –, dass wir aus einer Äußerung, für die der Ministerpräsident sich entschuldigt hat, nicht eine innenpolitische Integrationsdebatte machen dürfen. Deshalb habe ich es sehr begrüßt, dass am Freitagabend die türkische Gemeinde Nordrhein-Westfalen sich vor den Ministerpräsidenten gestellt und gesagt hat: Es sind auch unsere Landsleute in Bochum beschäftigt. Wir empfinden das nicht als gegen uns gerichtet. – Und Sie haben es begrüßt, wie der Ministerpräsident …

(Zuruf von Gisela Walsken [SPD])

– Ich zitiere jetzt die türkische Gemeinde, auch wenn Ihnen das nicht gefällt, Frau Walsken.

(Edgar Moron [SPD]: Hat er zu den Türken auch was gesagt?)

Frau Abgeordnete Walsken, ich weiß nicht, ob das so lustig ist, wenn sich eine Migrantenselbstorganisation zu Wort meldet. Das sollten Sie mindestens so ernst nehmen wie Ihre eigenen Stellungnahmen in diesem Konflikt.

(Beifall von CDU und FDP)

Die haben das nicht so verstanden … Wir reden jetzt nicht über Rumänien, sondern Frau Kollegin Asch hat angefragt, ob es der Integrationsatmosphäre in Nordrhein-Westfalen schadet.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Sie haben gefragt, ob die Integrationsoffensive aufgekündigt würde, die im Jahre 2001 begonnen hat. Die größte Gruppe der Migranten in Nordrhein-Westfalen hat das jedenfalls nicht so aufgefasst. Natürlich steht der Ministerpräsident weiter zur Integrationsoffensive und wird weiter – wie bisher – seinen Beitrag dazu leisten.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Danke schön, Herr Laschet. – Herr Link.

Sören Link (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden die ganze Zeit über die Äußerung des Ministerpräsidenten in Bezug auf Rumänien. Er hat sich aber auf der Veranstaltung in Duisburg neben Rumänien auch noch über die chinesischen Investoren ausgelassen und insbesondere gesagt, dass man chinesische Investoren, die nicht in Duisburg investieren möchten, ein wenig würgen solle. Meine Frage an Minister Krautscheid oder an die Landesregierung ist: Auf welche Erkenntnis stützt der Ministerpräsident seine Äußerung, dass man Chinesen ein wenig würgen müsse, damit sie in Duisburg investieren?

(Zuruf von Lothar Hegemann [CDU])

– Dass Sie die Frage nicht verstehen, Herr Hegemann, leuchtet mir schon ein.

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Krautscheid.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Abgeordneter Link, wenn man Ihnen das Bildmaterial von der Passage dieser Rede zur Verfügung stellt – was sicherlich möglich ist; ich habe mir das von Augenzeugen des Auftritts in Duisburg berichten lassen –, dann werden Sie feststellen, dass diejenigen, die dieses Material geschnitten haben, bei einer Szene in den Film reingehen, bei der auf der Bühne offenbar große Belustigung herrscht. Sie können das an den Körperbewegungen von Oberbürgermeister Adolf Sauerland beobachten.
Offensichtlich – so ist es mir berichtet worden; noch einmal: ich habe Hörensagen-Informationen – ist es in dieser Passage darum gegangen, das sehr erfolgreiche und sehr engagierte Bemühen des örtlichen Oberbürgermeisters um die Ansiedlung von neuen Industriebetrieben auch aus dem Ausland zu würdigen. In dem Zusammenhang ist dann die zugegebenermaßen recht flapsige Bemerkung gefallen, dass wenn ein Chinese trotz Adolf Sauerlands Bemühungen immer noch nicht investieren wolle, dann würde er … Und so weiter.
Noch einmal: Ich glaube, dass das in eine andere Schublade gehört als die Diskussion, die wir eben geführt haben. Deswegen glaube ich, dass von keiner Seite Empörung angebracht ist. Sie alle wissen, dass die hervorragenden Anstrengungen von Adolf Sauerland, die der Ministerpräsident in seiner Rede hervorgehoben hat, einige Tage später von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Duisburg in herausragender Art und Weise belobigt und gewählt worden sind. Das hat der Mann auch verdient.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Danke schön, Herr Krautscheid. – Frau Gödecke.

Carina Gödecke (SPD): Danke schön. – Herr Minister Krautscheid, Sie bemühen sich sehr, uns weiszumachen, dass Ihr Kenntnisstand an bestimmten Stellen deshalb sehr rudimentär ist, weil es sich um Wahlkampf- und damit um Parteitermine handele und nicht um Termine, die in der Staatskanzlei für den Ministerpräsidenten in seiner Eigenschaft als Ministerpräsident vorbereitet werden. Nun gibt es nur ein Problem an der ganzen Sache: Die Öffentlichkeit und die Menschen machen die Unterscheidung, von der Sie eben immer wieder deutlich gemacht haben, dass es sie gibt, schlichtweg nicht. Für sie ist es der Ministerpräsident, der bei einer Veranstaltung etwas gesagt hat.
Deshalb meine Frage: Es gibt an den Ministerpräsidenten gerichtete Reaktionen im Hinblick auf seine Äußerungen, und die sind mit Sicherheit in der Staatskanzlei angekommen. Könnten Sie uns einfach einmal sagen, welche Reaktionen es auf die Entgleisungen und Äußerungen in schriftlicher Form – per Fax, Brief, Mail – oder per Telefon gibt?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Eine Vorbemerkung und dann ein Angebot! Ich glaube zwar, dass Sie Recht haben, dass die Menschen eher selten unterscheiden, in welcher Funktion jemand gerade spricht. Allerdings glaube ich, dass bei einer Wahlkampfveranstaltung schon sehr klar unterschieden wird, dass das der Parteivorsitzende ist. Darum geht es aber nicht. Entscheidend ist, dass wir und dass Sie unterscheiden. Das ist die entscheidende Frage. Da ist es völlig irrelevant, ob die Bürger unterscheiden. Wir unterscheiden sauber zwischen Parteiarbeit und Regierungsarbeit.

(Beifall von der CDU)

Ich kann Ihnen, weil es nicht in meinem Zuständigkeitsbereich liegt, schlicht nicht sagen, welche Reaktionen – Briefe, Mails etc. – da sind, bin aber gerne bereit, sie zusammenstellen zu lassen und Ihnen zur Verfügung zu stellen.
Übrigens – wie Sie sicherlich selbst schon festgestellt haben; ich will es einmal vorsichtig ausdrücken –, wenn Sie in die Internetblogs hineinschauen und die Reaktionen lesen, dann sehen Sie ein sehr breites Reaktionsfeld. Das korrespondiert jedenfalls nicht mit Ihrer einseitigen Empörung.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf die Fragestunde kurz unterbrechen, denn auf der Besuchertribüne haben Ehrengäste Platz genommen. Wie Sie wissen, haben wir heute einen parlamentarischen Abend, den wir dem Thema China und unserer Beziehung zu China widmen. So freue ich mich sehr, im Namen des Hohen Hauses den Vizepräsidenten des Volkskongresses der nordrhein-westfälischen Partnerregion Sichuan, der mit einer Delegation angereist ist, begrüßen zu können. Herzlich willkommen, Herr Vizepräsident Han.

(Lebhafter Beifall)

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit in unserem Land und gleich viel Freude beim Parlamentarischen Abend hier im Landtag mit guten Gesprächen und Verabredungen für die Zukunft. Möge Ihr Besuch dazu beitragen, die freundschaftlichen Beziehungen zu unserem Land weiter zu vertiefen. Herzlichen Dank!
Meine Damen und Herren, wir fahren dann in der Fragestunde fort. – Herr Römer hat jetzt das Wort.

Norbert Römer (SPD): Herr Minister Krautscheid, nach der – wie Sie es nennen – Entgleisung des Ministerpräsidenten oder – so nenne ich das – nach der unsäglichen Herabsetzung der Arbeitsmoral der rumänischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten hat es nicht nur Empörung und Kritik in Nordrhein-Westfalen und in der Bundesrepublik Deutschland gegeben.
Bogdan Hossu, der Vorsitzende des zweitgrößten rumänischen Gewerkschaftsbundes Cartel Alfa, hat das ebenfalls scharf kritisiert. Ich zitiere ihn: Rüttgers Äußerungen sind skandalös und populistisch

(Ralf Witzel [FDP]: Frage!)

und lassen Zweifel an der Seriosität des Politikers Rüttgers aufkommen.
Diese Gewerkschaft ist die größte Gewerkschaft im rumänischen Werk Nokia. Der Vorsitzende legt Wert darauf, dass sich seine Gewerkschaft und die Nokia-Beschäftigten in der Krise um das Bochumer Nokia-Werk solidarisch an die Seite der Bochumer Kolleginnen und Kollegen gestellt haben.

(Beifall von Gisela Walsken [SPD] – Zurufe von der CDU)

Ich habe gerade die Reaktionen aus dem Kreis der Regierungsfraktionen mitbekommen, die noch nicht einmal die Größe haben, sich anzuhören, dass es auch Kritik aus dem Ausland – vor allen Dingen von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern – an der, wie Sie gesagt haben, Entgleisung gegeben hat. Meine Frage an Sie, Herr Minister Krautscheid: Hat die Reaktion des rumänischen Gewerkschaftsbundes und ihres Vorsitzenden dazu geführt, dass der Ministerpräsident reagiert hat? Oder gedenkt er darauf nicht zu reagieren?

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Minister Krautscheid.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Abgeordneter Römer, ich bitte erstens darum, noch einmal im Protokoll nachzuschauen. Ich habe in einer Antwort auf eine so formulierte Frage eben jedenfalls das Wort „Entgleisung“, das Sie mir in den Mund legen, nicht benutzt.

(Lothar Hegemann [CDU]: Unverschämtheit!)

Das ist schon einmal wichtig; wir wollen doch sehr präzise bleiben.
Zweiter Punkt: Weil es wirklich relevant ist, bitte ich Sie, so freundlich zu sein, zu klären,ob dem von Ihnen zitierten Gewerkschaftssekretär oder führer, dessen Anliegen ich zutiefst verstehe, zu dem Zeitpunkt seiner Äußerung die Entschuldigung des Ministerpräsidenten bekannt war oder nicht. Ich glaube, dass ihm die Entschuldigung zu dem Zeitpunkt nicht bekannt war.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Er hat sich nicht entschuldigt!)

Präsidentin Regina van Dinther: Frau Altenkamp.

Britta Altenkamp (SPD): Herr Minister Krautscheid, Sie haben auf die Fragen des Kollegen Priggen und der Kollegin Gödecke sehr Wert darauf gelegt, sehr fein zwischen Wahlkampf- und damit Parteiaktivitäten von Herrn Dr. Rüttgers einerseits und seiner Tätigkeit als Ministerpräsident andererseits zu unterscheiden. Können Sie mir vor diesem Hintergrund erklären, warum Herr Dr. Wichert als Sprecher der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen überhaupt reagiert hat?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Erstens heißt der Mann „Wichter“ und nicht „Wichert“.

(Beifall von der CDU)

– Das ist kein Grund für Beifall.
Zweitens ist er in dieser Funktion wegen der Zitate im WDR und anderswo angefragt worden. Ich glaube, dass es korrekt ist, dass er antwortet, wenn er von außen massiv angefragt wird.

(Britta Altenkamp [SPD]: Ich sehe schon, wie Sie unterscheiden!)

– Das ist völlig in Ordnung. Es ist ein Riesenunterschied, wenn ich unterscheide, wer Vorbereitungen trifft und Wahlkampfreden schreibt und wer Presseanfragen, um die er gebeten worden ist, beantwortet. Das ist schlicht eine Frage der Höflichkeit. Das gehört sich so.

(Beifall von CDU und FDP)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Schemmer.

(Britta Altenkamp [SPD]: Das stinkt zum Himmel!)

Bernhard Schemmer (CDU): Wir haben vorhin von den zahlreichen Wahlkampfauftritten erfahren, die allesamt gut besucht waren, bei denen die Menschen sehr positiv zur Kenntnis genommen haben, dass sich der Ministerpräsident um den Erhalt vorhandener und die Schaffung neuer Arbeitsplätze kümmert.
Dazu habe ich folgende Frage: Entnehmen Sie den Zwischenrufen des stellvertretenden Parlamentspräsidenten und der Frage von Herrn Stüttgen vorhin, dass es bei früheren Ministerpräsidenten offensichtlich üblich war, ihre Wahlkampfreden jeweils in der Staatskanzlei vorbereitend schreiben zu lassen?

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Krautscheid.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Abgeordneter Schemmer, ich hatte eben bei der Formulierung der einen oder anderen Frage der Oppositionsfraktionen gelegentlich das Gefühl, dass man bei der Fragestellung irrig an alte Zeiten gedacht hat. Ob das so war, können die Betroffenen sicherlich am besten beurteilen. Mir ist nur wichtig, dass wir großen Wert auf eine saubere Trennung legen.

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Becker, bitte.

Horst Becker(GRÜNE): Vor dem Hintergrund, dass Sie so sauber trennen, Herr Krautscheid, habe ich eine präzise Nachfrage: Können Sie definitiv ausschließen, dass für eine der vier in Rede stehenden Reden irgendein Bestandteil in der Staatskanzlei geschrieben wurde?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Jetzt formulieren Sie die Frage des Kollegen Priggen nur andersherum. Dadurch wird sie nicht besser, sondern bleibt die gleiche. – Ich habe keine Anhaltspunkte dafür; ich habe keinerlei Informationen. Sie können Ihre Frage formulieren, wie Sie wollen. Ich kann meine Antwort formulieren, wie ich will. Die Sache ist ganz einfach.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Antwort ist glasklar: Ich habe keinerlei Informationen oder Anhaltspunkte dafür, dass dazu irgendetwas geliefert worden ist.

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Eumann.

Marc Jan Eumann (SPD): Ich möchte auf den Auftritt des Ministerpräsidenten in Bonn zurückkommen. Dort waren die Bemühungen des Parteivorsitzenden der CDU Nordrhein-Westfalens nicht so erfolgreich, wie Sie wissen.
Herr Minister Krautscheid, Sie haben gerade gesagt, dass Herr Rüttgers dort seine Rede im Beisein einer größeren Anzahl von Journalistinnen und Journalisten – in Begleitung der Bundeskanzlerin, glaube ich – gehalten hat. Bleiben Sie bei dieser Aussage? Sind Sie sicher, dass die Medienvertreter dort die Rede von Herrn Rüttgers vollständig mitbekommen haben?

(Zurufe von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Krautscheid.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Verehrter Herr Eumann, ich kann – um eine beliebte Formulierung der Grünen zu wählen – nicht ausschließen, dass während der sicherlich interessanten Rede des Ministerpräsidenten der eine oder andere Berliner Journalist in Bonn Kaffeetrinken gegangen ist. Das kann ich nicht ausschließen.

(Beifall von CDU und FDP)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Remmel.

Johannes Remmel (GRÜNE): Herr Minister Krautscheid, ich formuliere meine Frage andersherum, nämlich positiv. Vielleicht fällt Ihnen dann dazu etwas ein. Ganz präzise: Waren an der Vorbereitung, Durchführung und insbesondere an der Erstellung von Redetexten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Staatskanzlei bezogen auf die Termine, die Herr Priggen eben genannt hat, beteiligt?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Ich habe dafür keine Anhaltspunkte.

(Gisela Walsken [SPD]: Kein Applaus!)

Präsidentin Regina van Dinther: Frau Schäfer.

Ute Schäfer (SPD): Herr Minister Krautscheid, Sprache ist entlarvend.

(Minister Andreas Krautscheid: Das verbindet uns, Frau Schäfer! – Heiterkeit von der CDU)

– Warten wir mal ab! – Zum einen haben wir das Zitat des Ministerpräsidenten im Hinblick auf die Chinesen, die man würgen muss, damit sie investieren. Das haben Sie eben als flapsig bezeichnet. Finden Sie es richtig, ein solches Zitat als flapsig zu bezeichnen?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Liebe Frau Schäfer, ich bleibe dabei. Gehen Sie zu dem Juso-Vorstandsmitglied, das die Aufzeichnungen offenbar geliefert hat. Der Betreffende kann Ihnen das komplette Video vorspielen. Ich kenne die Situation von Augenzeugenberichten, habe von Belustigung auf der Bühne gehört, einer gewissen flapsigen Stimmung, und dann ist die Formulierung so gewählt worden nach dem Motto: Wenn dann immer noch keiner den überzeugenden Bemühungen von Adolf Sauerland nachgeben will, dann muss man …

(Gisela Walsken [SPD]: Ganz lustig!)

Ich glaube, dass wir hier – das sage ich Ihnen ganz ehrlich, und ich glaube, ich habe hinreichendes Sprachgefühl, um die Sache unterscheiden zu können – über nicht mehr als eine Flapsigkeit reden. Dabei bleibe ich.

(Beifall von der CDU – Gisela Walsken [SPD]: Ja, ja!)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Sagel.

Rüdiger Sagel(fraktionslos): Es wird sich sicherlich klären lassen, in welcher Funktion der Ministerpräsident an den Veranstaltungen teilgenommen hat, ob als CDU-Parteimitglied oder als Ministerpräsident. Ich gehe davon aus, dass das in irgendeiner Form dokumentiert ist.
Da das CDU-Parteimitglied Herr Dr. Rüttgers auch Mitglied des Landtags ist, er mittlerweile wegen Volksverhetzung angezeigt wurde und Sie, Herr Minister, sich nicht in der Lage sehen, uns mitzuteilen, wann, wo und wie oft er entsprechende Äußerungen getan hat, möchte ich Sie fragen, wann Sie uns im Parlament Auskunft darüber geben können, wann, wie oft und wo er derartige Äußerungen gemacht hat. Denn möglicherweise werden wir als Parlamentarier in Kürze vor die Frage gestellt, ob wir der Aufhebung der Immunität des CDU-Parteimitglieds Rüttgers zustimmen oder nicht.

(Lachen und Zurufe von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Krautscheid.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Abgeordneter Sagel, was den ersten Teil Ihrer Frage angeht – was, wie, wann, wo? –, habe ich hinreichend deutlich gemacht, welche Informationsbasis ich habe und welche andere haben. Wir leben in einem Rechtsstaat. Wenn ein Bürger einen anderen anzeigt, dann wird das in den ordentlichen und sicheren Händen der Staatsanwaltschaft geprüft, und die Staatsanwaltschaft wird prüfen müssen, was, wann, wie, wo gefallen ist.
Ich will Ihnen nur meine persönliche Auffassung mitteilen, da Sie schon mit parlamentarischen Konsequenzen drohen: Egal ob es um Volksverhetzung oder das Thema Rassismus geht – ich unterstelle, dass das ehrliche Empörung und Entrüstung ist –: Wer sich moralisch empört, muss diese Maßstäbe dann auch für sich selbst gelten lassen. Wenn wir über die Goldwaage reden, gilt sie auch für Frau Künast.

(Beifall von der CDU)

Frau Löhrmann, ich muss es leider sagen – ich habe mich heute Morgen darüber gewundert –: Genauso wie sich der Ministerpräsident für eine bestimmte Wortwahl entschuldigt hat, haben Sie eine Chance heute Morgen leider nicht genutzt. Sie haben wörtlich gesagt: Ob einer als rassistisch bezeichnet wird oder „nur“ als rechtspopulistisch, das ist müßig. – Das ist nicht müßig. Das sind Kategorien der persönlichen Ehrverletzung. Sie haben die Chance verpasst, sich von Frau Künast zu distanzieren. Das ist Feigheit vor dem Freund.

(Beifall von CDU und FDP)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Leuchtenberg.

Uwe Leuchtenberg (SPD): Herr Krautscheid, aus meiner Sicht versuchen Sie die ganze Zeit sehr ungeschickt zu verschleiern, was in der Staatskanzlei wirklich passiert ist.

(Lachen von der CDU)

Bei einer vernünftigen Vorbereitung hätte ich die eine oder andere Antwort von Ihnen erwartet, nämlich zum Beispiel, was der Ministerpräsident in Bonn gesagt hat. Die einzige Antwort, die ich bisher von Ihnen bekommen habe, ist die Aussage: Der Ministerpräsident entscheidet selbst, was er sagt.

(Zuruf von der CDU: Das ist so!)

– Das ist ja in Ordnung. Er hat etwas gesagt. Glaubt der Ministerpräsident tatsächlich, dass bei Nokia in Rumänien die Arbeiter kommen und gehen, wann sie wollen, und nicht wissen, was sie tun? Denn nach Ihren Aussagen hat er es ganz bewusst gesagt; er hat sich vorher überlegt, was er sagt.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Bevor eine neue Fama entsteht: Ich weiß nicht, was Redeinhalt in Bonn war, und Sie wissen es nicht. Deswegen wollen wir auch keine Mutmaßungen darüber anstellen. Wenn Sie mehr wissen, bin ich gerne bereit, mich mit Ihnen darüber zu unterhalten.
Was den zweiten Punkt angeht: Was der Ministerpräsident glaubt, ist seine Sache. Ich habe hier lediglich zu berichten, in welchen Punkten er sich wie geäußert hat. Ich sage noch einmal: Für einen bestimmten Kontext seiner Redeformulierung hat er sich entschuldigt. Heute Morgen ist ein wichtiger Satz gefallen: Ob eine Entschuldigung zutrifft, ob sie richtig ist und angenommen wird, entscheidet niemand von uns, sondern die betroffene Seite. Ich kann Ihnen sagen: Nach mehreren Gesprächen mit unseren rumänischen Freunden schon am Freitagnachmittag, aber wiederholt am Montag, ist diese Entschuldigung in aller Form angenommen worden. Das müssen Sie dann auch respektieren.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Priggen.

Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Krautscheid, können Sie vielleicht ein Stück weit nachvollziehen, dass es für uns – jedenfalls in weiten Teilen – nicht akzeptabel ist, dass man im Wahlkampf versucht – wir können uns hart auseinandersetzen, das ist völlig in Ordnung, wir können uns Vorwürfe machen –, auf einer Klaviatur Stimmung zu machen, indem man über eine bestimmte Gruppe der Bevölkerung herzieht oder sie zumindest in Verbindung bringt, und dass das für uns ein Schritt weiter ist, als wir gehen dürfen? Sie können mich als grünen Spinner angreifen, dann können wir inhaltlich kontern oder sonst etwas. Aber Sie können nicht auf einer Klaviatur spielen, die anderen im Prinzip wehtut. Das ist passiert.
Ich habe die Entschuldigung nicht als richtige Entschuldigung verstanden, wenn es heißt: Falls sich einer angegriffen oder beleidigt fühlt … Meine Frage: Warum kann der Ministerpräsident nicht einfach klar und deutlich sagen: Ich habe einen Fehler gemacht, es tut mir leid, Entschuldigung!?

(Gisela Walsken [SPD]: Genau!)

Dann ist es heraus. – Herr Krautscheid, das ist genau der Unterschied, das hat er nicht gemacht. Das war eine unverbindliche Form. Wenn mir mein 15-jähriger Sohn eine solche Entschuldigung anbieten würde, dann würde ich sagen: Du meinst es nicht ehrlich. So geht es nicht. Sieh ein, du hast einen Fehler gemacht und dass das so nicht wieder vorkommt, dann ist auch irgendwann ein Strich unter der Sache.
Die Frage ist also: Warum – heute Morgen hat uns der Ministerpräsident keine Antwort geben wollen, er ist jetzt aus irgendwelchen Gründen nicht da; das ist Ordnung, das haben Sie erklärt – kann dieser einfache, klare Satz, der das dann beendet, nicht gesagt werden?

(Beifall von den GRÜNEN)

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Priggen, ich habe größtes Verständnis dafür – Sie wissen, dass ich gedanklich da gar nicht so weit von Ihnen entfernt bin –, dass man im Wahlkampf neben allem Getöse auch gegenseitig – mal mehr oder weniger scheinheilig; das geht uns dann allen so – bei den anderen darauf achtet, dass Grenzen eingehalten werden. Völlig d’accord! Deswegen meine Replik in Sachen „Rassismusvorwurf der grünen Parteivorsitzenden“.
Ich bleibe aber dabei: Ob eine Entschuldigung angemessen und ausreichend ist, entscheiden nicht Sie und nicht ich, sondern die Leute, die sich betroffen fühlen.

(Beifall von der CDU)

Diese Leute haben entschieden.

(Hannelore Kraft [SPD]: Wer denn? Betriebsleiter? Gewerkschaften? Betriebsräte? – Weitere Zurufe von der SPD)

– Entschuldigung; die Reaktion stammt von derjenigen Person, die das rumänische Volk und den rumänischen Staat in Deutschland repräsentiert. – Das ist schlicht und ergreifend passiert. Deswegen ist diese Entschuldigung auch ausreichend, glaube ich.
Herr Priggen, noch einmal zur Wortwahl: Wenn Ihr 15-jähriger Sohn, egal was er ausgefressen hat, Ihnen sagt …

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

– Frau Kraft, ich bin dabei, die Frage von Herrn Priggen zu beantworten. Ich kann natürlich verstehen, dass Sie in den Wald gehen, ein Stöckchen suchen und es hinhalten, Frau Kraft. Die Entscheidung, ob dann einer drüberspringt, müssen Sie aber uns überlassen. Das ist schlicht und ergreifend das Problem, das Sie im Moment haben und auch heute Morgen gehabt haben.

(Hannelore Kraft [SPD]: Es könnte Ihnen so passen, wenn ich im Wald verschwände!)

Herr Priggen, wenn Ihr Sohn zu Ihnen kommt und „Es tut mir leid“ sagt: Ist das eine Entschuldigung?

(Zurufe: Ja!)

– Ja? Ich finde, damit hat er sich schon in aller Form entschuldigt.
Ich kann diesen Versuch gut verstehen. Dabei sind Sie nur in der Gefahr, zu überdrehen. Wenn die moralische Entrüstung in die Nähe der Wahlkampfmunition kommt, leidet die Moral, und dann leidet Ihre Glaubwürdigkeit. Da müssen Sie aufpassen. Die Stimmung ist am Wochenende gekippt. Ich glaube, Sie haben es selber gemerkt. Irgendwann hat Frau Künast mit dem Rassismus-Vorwurf überdreht. Dann geht das Ganze nach hinten los.
Die Entschuldigung ist am Freitagnachmittag öffentlich ausgesprochen worden. Wir haben Kontakt mit dem Vertreter der rumänischen Regierung und des rumänischen Volkes in Deutschland aufgenommen. Der zuständige Staatssekretär hat ihm in dem Gespräch angeboten – nur damit Sie das wissen –: Wenn es übers Wochenende irgendwelche neuen Probleme geben sollte, Aufregung zu Hause etc., können Sie mich jederzeit privat zu Hause anrufen. – Am Montag ist ein weiteres Gespräch geführt worden. Dabei wurde die Frage gestellt, ob es auf rumänischer Seite größere Probleme gibt, die wir adressieren müssten, zum Beispiel im Land. Klare Antwort: Nein. Wir haben diese Entschuldigung angenommen. – Die Telefonnummer brauchte nie benutzt zu werden. Das ist der Stand der Dinge.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Jäger.

Ralf Jäger (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Krautscheid, gestatten Sie mir eine kurze Vorbemerkung. Sie haben gerade gesagt, dass Sie die Antwort formulieren könnten, wie Sie möchten. Das mag ja grammatikalisch zutreffen. Sie sollten aber nicht vergessen, dass die Antworten gegenüber dem Plenum wahrheitsgemäß sein müssen.

(Minister Andreas Krautscheid: Selbstverständlich!)

– Wunderbar. – Frau Präsidentin, Sie haben zu Recht festgestellt, dass die Landesregierung selbst festlegt, wer antwortet. Deshalb will ich meine Frage allgemein an die Landesregierung richten. Vielleicht erspart das dem Minister für Bundesangelegenheiten, Europa, Medien und Nichtwissen eine Antwort.
In Bezug auf die Bemerkung von Herrn Rüttgers, wenn Chinesen nicht investieren wollten, müsse man sie würgen, lautet meine Frage an die Landesregierung, ob ein solcher verbaler Umgang mit potenziellen Investoren die übliche Vorgehensweise dieser Landesregierung ist.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Jäger, ich mache das gerne selber, weil ich glaube, dass Ihre vorformulierte Frage jetzt einfach nicht mehr in die Debatte passt. In der Zwischenzeit ist zu viel passiert.

(Beifall von der CDU)

Ich sage es noch einmal: Diese Formulierung ist in einer ganz bestimmten, offensichtlich sehr belustigenden Situation – ich kann nur wiedergeben, wie es beschrieben worden ist – auf der Bühne gemacht worden, wo die Bemühungen um internationale Investoren durch den örtlichen Oberbürgermeister besonders positiv dargestellt worden sind.
Die von Ihnen genannte Formulierung ist auch nicht ganz zutreffend. Sinngemäß hat es geheißen: Wenn man dann immer noch keinen überzeugt hat, dann …
Ich bleibe dabei: Diese Landesregierung ist außerordentlich erfolgreich. Ich zeige auf die Wirtschaftsministerin, die international sehr aktiv in der Akquise von neuen Investitionen für das erfolgreiche Industrie- und Innovationsland Nordrhein-Westfalen ist. Das tut die Wirtschaftsministerin intensiv im Ausland. Der Ministerpräsident wird das auf mehreren Auslandsreisen in diesem Jahr auch noch machen. Sie werden sehen, dass er dabei zum Beispiel auch in China sehr herzlich willkommen ist.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Frau Hack.

Ingrid Hack (SPD): Vielen Dank. – Herr Minister, Ihren bisherigen Antworten konnten wir entnehmen, dass Herr Dr. Rüttgers als Parteimitglied bzw. als CDU-Funktionär an unterschiedlichen Veranstaltungen teilgenommen hat, unter anderem auch in Duisburg, wo die hier zur Rede stehenden umstrittenen Äußerungen gefallen sind. Ist daraus zu schließen, dass die von Ihnen so bezeichnete Entschuldigung, die nach Ihren Ausführungen in mehrerer Hinsicht anerkannt und angenommen wurde, auch von Herrn Dr. Rüttgers als CDU-Mitglied kam? Oder warum sind jetzt die Staatskanzlei des Ministerpräsidenten und mehrere öffentliche Ämter damit befasst?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Diese Frage hatten wir eben in ähnlicher Form schon einmal. Es ist schlicht und ergreifend so gewesen, dass am Freitagnachmittag diese Fragen von der Presse an die Staatskanzlei bzw. an den Ministerpräsidenten gerichtet worden sind. Wir haben eben in dem Auszug aus dem Bericht von WDR.de gelesen, dass am Freitagnachmittag massiver Nachfragebedarf hervorgerufen worden ist. Um es einmal ganz neutral zu formulieren: Ich glaube nicht, dass das Zufall war. Aufgrund der vielen Anfragen an den Ministerpräsidenten hat sich die Staatskanzlei, in diesem Fall der Regierungssprecher, richtigerweise bemüßigt gefühlt, dann auch eine Stellungnahme abzugeben.
Für die Frage, ob eine Entschuldigung bei den Betroffenen ankommt, weil sie ernst und ehrlich gemeint ist, ist es aber auch relativ irrelevant, wer die Entschuldigung verbreitet. Wichtig ist, dass sie gegeben worden ist.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Frau Schulze.

Svenja Schulze (SPD): Ich möchte die Landesregierung fragen, ob der Integrationsminister Laschet bei der Veranstaltung in Bonn oder bei einer anderen Veranstaltung, bei der diese Äußerungen zu Rumänien gefallen sind, dabei war.

Präsidentin Regina van Dinther: Wer möchte diese Frage beantworten? – Herr Minister Laschet.

Armin Laschet, Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration: Nein.

Präsidentin Regina van Dinther: Dann hat jetzt Frau Düker das Wort.

Monika Düker (GRÜNE): Danke, Frau Präsidentin. Im Gegensatz zu Minister Laschet bin ich schon der Meinung, dass das würdelose Stammtischniveau des Ministerpräsidenten im Widerspruch zur Botschaft der Integrationsoffensive steht, die hier ja mal von allen Fraktionen gemeinsam getragen wurde und in deren Fortsetzung Sie auch Ihre Politik gestellt haben. Denn ein Bestandteil der Integrationsoffensive – lesen Sie sich das noch einmal durch – war eine aktive Antidiskriminierungspolitik.
Jetzt müssen Sie mir zustimmen, dass es den Tatbestand der Diskriminierung erfüllt, wenn man sagt, dass rumänische Arbeitnehmer fauler sind als deutsche bzw. andere. Ein Diskriminierungstatbestand ist eindeutig da. Es ist Bestandteil der Integrationspolitik, dass man hier eine offensive Gegenstrategie fährt.
Wir wissen aus Umfragen – die kennen Sie alle, Herr Minister; ich nenne nur die letzte der Friedrich-Ebert-Stiftung –, dass wir in erschreckendem Maße ausländerfeindliche Tendenzen in der Bevölkerung haben, die sich genau dieser Diskriminierungsbotschaften bedienen, und dass hier ein Zusammenhang besteht zu rechtsextremistischen Einstellungen, die sich daraus entwickeln könnten.
Vor dem Hintergrund frage ich die Landesregierung, insbesondere Sie, Herr Minister, warum Sie dem Ministerpräsidenten sofort Rückendeckung bei einer offensiven Diskriminierung gegeben haben, ob die Antidiskriminierungspolitik nicht mehr zu den Zielen der Integrationspolitik der Landesregierung gehört und warum es zu diesem plötzlichen Kurswechsel kommt.

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Laschet.

Armin Laschet, Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration: Liebe Frau Abgeordnete Düker, ich musste diese Aussage des Ministerpräsidenten nicht verteidigen, weil er sich selbst am Freitagabend für diese Aussage entschuldigt hat. Meine Statements, die ab dann erfolgt sind, gingen in die Richtung: Daraus Rassismus zu machen, daraus Ausländerfeindlichkeit zu machen, daraus das zu machen, was Sie gerade auch in Ihrer Frage unterstellt haben, Frau Düker, widerspricht dem Klima hier. Das hat außer Ihnen und denen, die das hochziehen, niemand im Hinblick auf die Integrationspolitik im Land so verstanden.
Die Äußerung hat der Ministerpräsident deshalb zurückgenommen. Er hat das über den Vertreter der Landesregierung – wie Kollege Krautscheid das gesagt hat – gegenüber dem Staat Rumänien zum Ausdruck gebracht. Es ist an niemandem im Inland gerichtet. Die Reaktion von Migranten selbst zeigt, dass das außer Ihnen auch niemand so verstanden hat. Insofern ist das keine Diskriminierungsmaßnahme.
Ich bitte noch einmal darum, Frau Düker:

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Es ist schon selten in der Politik, dass sich jemand für eine Aussage, die er macht, sehr schnell entschuldigt und dass die andere Seite – wie der Kollege Krautscheid es beschrieben hat – diese Entschuldigung auch annimmt. Man war sogar bemüht, weiteren Schaden fernzuhalten, eben keine Kampagne damit zu machen. Ich finde, man sollte das akzeptieren und nicht durch Immer-wieder-Nachlegen genau das Klima erzeugen, das man eigentlich gar nicht erzeugen will.

(Beifall von CDU und FDP)

Präsidentin Regina van Dinther: Frau Kraft.

Hannelore Kraft (SPD): Herr Minister Krautscheid, Sie haben hier gesagt, Sie hätten keinerlei Informationen darüber, was der Ministerpräsident wann wo gesagt hat. Ich meine, Sie hätten ihn ja mal fragen können. Oder reden Sie nicht miteinander? Sie sagen, die Tätigkeiten des Ministerpräsidenten seien von denen des Parteivorsitzenden und Wahlkämpfers strikt getrennt.
Können Sie uns dann erklären, warum auf den entsprechenden Veröffentlichungen der CDU Bonn angekündigt worden ist, dass der Ministerpräsident Jürgen Rüttgers dort spricht, die Entschuldigung aber nicht über die Partei veröffentlicht wird – glauben Sie mir, ich weiß, dass man das sauber trennen muss –, sondern auf dem Papier der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen? Diese Dinge müssen Sie uns hier bitte etwas deutlicher erklären, als Sie sie bisher erklären konnten.

(Zuruf von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Krautscheid.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Frau Kraft, das mache ich gerne und kurz. Dass der CDU-Stadtverband Bonn oder irgendjemand anderes in diesem Bundesland dann, wenn der Parteivorsitzende zu einer Wahlkampfrede kommt, auf den Wahlplakaten freudig auch den Ministerpräsidenten begrüßt, das ist, glaube ich, politisch und juristisch völlig korrekt. Das war bei Ihnen niemals anders. Alles andere wäre sehr merkwürdig.
Die zweite Frage habe ich eben schon beantwortet. Nochmals: Wenn Freitag am späten Nachmittag die Staatskanzlei gefragt wird, wie sich der Ministerpräsident zu diesen Dingen verhält, dann ist es eine völlig andere Frage, ob sich der Ministerpräsident über diesen Kanal äußert oder über die Partei. Sie unterstellen, dass eine Parallele herzustellen wäre und er auch mit irgendwelchen anderen Dingen für den Parteiauftritt vorbereitet oder „gefüttert“ werden müsste.

(Hannelore Kraft [SPD]: Es gibt bis heute keine Entschuldigung auf der Parteiseite!)

Wenn der Ministerpräsident als Ministerpräsident von der Presse gebeten wird, in dieser Funktion eine Erklärung abzugeben, so ist es völlig okay, wenn er die Frage als Ministerpräsident auf diesem Kanal beantwortet.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Röken.

Wolfgang Röken (SPD): Herr Minister! Meine Damen und Herren! Heute ist im Laufe der Debatte schon darüber gestritten worden, ob es tatsächlich eine Entschuldigung war. Sie ist es dann, wenn die Aussage in der Sache so nicht stehen bleibt.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen und eine Frage, die die Kollegin gestellt hat, anders wiederholen.

(Lothar Hegemann [CDU]: Nochmals!)

Sie haben Gelegenheit, das zu einer richtigen Entschuldigung zu machen. Die Gelegenheit möchte ich Ihnen geben. Ist der Ministerpräsident der Auffassung, dass die Arbeiter im Nokia-Werk in Rumänien kommen und gehen, wann sie wollen, und nicht wissen, was sie tun?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Ich kann die Frage nur genauso wie eben beantworten. Der Ministerpräsident hat sich für diesen Teil seiner Äußerungen entschuldigt. Daraus können halbwegs begabte Politiker einen Rückschluss ziehen. Ich glaube, dass der Ihnen auch gelingt.

Präsidentin Regina van Dinther: Frau Löhrmann.

Sylvia Löhrmann (GRÜNE): Herr Krautscheid, da Sie meine Rede so aufmerksam verfolgt haben

(Minister Andreas Krautscheid: Das tue ich immer!)

und sich zum Teil positiv darauf bezogen haben, wird Ihnen nicht entgangen sein, dass ich von bewusstem und gezieltem Rechtspopulismus gesprochen habe. Dabei bleibe ich auch. Über die Frage, wer heute eine Chance nicht genutzt hat, gehen unsere Meinungen offensichtlich auseinander.
Sie haben eben auf die Entschuldigung und darauf abgehoben, dass diese akzeptiert worden sei. Deswegen möchte ich von Ihnen wissen, welche Erkenntnisse Ihnen dafür vorliegen, dass die beleidigten rumänischen Arbeiter und der rumänische Staatspräsident diese Entschuldigung ebenfalls akzeptiert haben.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Ich sage gerne etwas zu beiden Fragen.
Sehr interessant, weil in der Wortwahl bemerkenswert, finde ich die Äußerungen von Präsident Basescu, die er bei der Eröffnung eines Werkes – also bei passender Gelegenheit – und nicht etwa unmittelbar am Wochenende gemacht hat. Er sagte wörtlich: Ich weiß, dass diese Äußerungen „im Wahlkampf“ gefallen sind. – Er weiß diese Äußerungen also sehr genau einzusortieren. Er sagte dann, diese Äußerung sei „unkorrekt“. Ich kann nur sagen: Dafür, dass er stellvertretend für seine Landsleute derjenige ist, der sich am ehesten betroffen fühlen dürfte, hat dieser Mann in seiner Reaktion und Wortwahl mehr Anstand, mehr Fairness bewiesen, als die deutsche Öffentlichkeit zum Teil gezeigt hat.

(Lebhafter Beifall von CDU und FDP)

Präsidentin Regina van Dinther: Meine Damen und Herren, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass wir die Fragestunde bereits um zwei Minuten überzogen haben. Ich schlage vor, die Rednerliste nun zu schließen, damit wir alsbald zum Ende kommen. – Frau Beer hat nun das Wort.

Sigrid Beer (GRÜNE): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Herr Minister Krautscheid und Herr Minister Laschet! Herr Minister Krautscheid, Sie haben zu Recht auf die breite Reaktion im Internet auf die Veröffentlichung der Videos hingewiesen. Herr Minister Laschet hat gerade gesagt, es sei kein Diskriminierungstatbestand gewesen.
Wie aber beurteilen Sie den Effekt der Äußerungen des Ministerpräsidenten über rumänische Arbeitnehmerinnen am neuen Nokia-Standort? Sie haben ganz klar geäußert, dass sie sich endlich und ausdrücklich in ihren ausländerfeindlichen Ressentiments durch den Ministerpräsidenten bestätigt fühlen.

Armin Laschet, Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration: Sie können sich nicht durch den Ministerpräsidenten bestätigt fühlen, weil sich der Ministerpräsident am Freitagabend für diese Aussagen entschuldigt hat. Es wäre ein anderer Vorgang, wenn man darauf spekulieren würde, dass die Menschen so sind, und diese Kampagne fortführen würde. Aber er hat in der Sekunde, als die Frage aufkam, so schnell reagiert wie man ganz selten reagiert.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

– Das ist sehr schnell, Frau Kraft.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Und dann hat die Kanzlerin angerufen!)

– Jetzt wissen Sie schon, wann welche Kanzlerin anruft. – Es ist eine sehr schnelle Reaktion. Insofern hat er den Äußerungen in den Blogs den Wind aus den Segeln genommen.

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Krautscheid.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Frau Abgeordnete, ich will das ergänzen. Ich habe eben ausdrücklich auf eine differenzierte Reaktion in Blogs und auf verschiedenen Seiten hingewiesen.
Zum Schluss sollte eines nicht unerwähnt bleiben: Ich finde die große Anzahl von Menschen sehr bemerkenswert, die sich auch im Internet dahingehend äußern, dass sie sehr wohl zwischen der ausländer- und integrationsfreundlichen Politik der Landesregierung und einer Kampagne der Opposition zu differenzieren wissen, die sie für nicht angemessen halten. Auch das wird sehr, sehr deutlich.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Römer.

Norbert Römer (SPD): Herr Minister Krautscheid, weil Sie gerade auf meine präzise Frage nach einer mündlichen Stellungnahme des Ministerpräsidenten zu der Kritik des Vorsitzenden des rumänischen Gewerkschaftsbundes ausweichend geantwortet haben und weil Sie anschließend das Ganze mit dem flapsigen Hinweis auf irgendeinen Gewerkschaftssekretär in seiner Bedeutung herabsetzen wollten, will ich Ihnen noch einmal helfen.
Es handelt sich um Bogdan Hossu, den Vorsitzenden des zweitgrößten rumänischen Gewerkschaftsbundes Cartel Alfa. Cartel Alfa ist in dem Nokia-Werk die größte vertretene Gewerkschaft. Und über die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Nokia hat sich der Ministerpräsident in einer sehr herabwürdigenden Art und Weise ausgelassen. Um in Ihrer Wortwahl zu bleiben: Bogdan Hossu ist mit seinen Kolleginnen und Kollegen von dieser Herabsetzung besonders betroffen. Er hat die Einlassung des Ministerpräsidenten in der Form kritisiert, wie ich Ihnen das vorhin vorgetragen habe. Nicht als Einziger! Auch der stellvertretende Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes hat sich kritisch geäußert – und andere mehr.
Herr Minister, meine Frage an Sie ist, wie der Ministerpräsident solch eine Kritik aus berufenem Munde eines rumänischen Gewerkschafters beurteilt. Wie gedenkt er damit umzugehen? Will er es bei der von Ihnen immer wieder herangezogenen schriftlichen vermeintlichen Entschuldigung belassen?

Präsidentin Regina van Dinther: Bitte schön.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Abgeordneter Römer, erstens habe ich darauf hingewiesen, dass ich es interessant fände, zu klären, ob dem von Ihnen zitierten Kollegen zum Zeitpunkt seiner Äußerung die Existenz der Entschuldigung bekannt war. Diese Frage können Sie mir nicht beantworten. Das verstehe ich. Man kann das ja mal nachprüfen.
Zweitens. Unterstellen Sie mir bitte nicht – das kam in Ihrer Einleitung gerade so durch, und das möchte ich schon richtig stellen –, ich hätte in irgendeiner Art und Weise die Arbeit, die Stellung oder die Bedeutung von Gewerkschaftsfunktionären oder Gewerkschaftsführern in Rumänien oder hier kritisch beschrieben. Im Gegenteil! Ich mache zwar manchmal – das gebe ich zu – kleine Unterscheidungen zwischen Gewerkschaftsführern und Arbeitnehmern, weil zu letzteren so viele CDU-Wähler gehören. Aber ich habe in meiner politischen Arbeit mitnichten jemals eine Geringschätzung für die wichtige Aufgabe von Gewerkschaftsführern geäußert. Bitte bringen Sie da keinen falschen Unterton hinein.
Aber selbst wenn Sie mir die Frage beantworten könnten, ob der Herr, den Sie zitieren, die Entschuldigung zum Zeitpunkt der Erklärung gekannt hat: Ich glaube, dass wir – dafür habe ich mit meinem Haus sehr gesorgt – auch den korrekten Weg gewählt haben. Wir haben diejenige Instanz, die das rumänische Volk und damit auch Ihren Gewerkschaftskollegen vertritt, sofort adressiert, haben uns sofort auf die Entschuldigung bezogen und angeboten, wenn noch irgendwelche Irritationen über das Wochenende oder danach entstehen sollten, zu reagieren. Bis heute ist uns in mehreren Telefonaten ganz eindeutig dargelegt worden, dass man mit der Entschuldigung zufrieden ist und keinerlei Komplikationen für die deutsch-rumänischen oder die NRW-rumänischen Beziehungen sieht. Daran wollen wir weiter festhalten. Wir haben gute und freundschaftliche Beziehungen. Dabei wird es bleiben.

(Beifall von CDU und FDP)

Präsidentin Regina van Dinther: Meine Damen und Herren, ich gebe jetzt das Wort an Herrn Becker. Danach folgen Herr Eumann, Frau Wiegand und Herr Stotko. Damit ist die Rednerliste geschlossen.

(Unruhe von der CDU)

– Das war vorhin angekündigt worden. Ich habe jetzt nur die Namen derjenigen aufgerufen, die noch drankommen. Bitte schön, Herr Becker.

(Hannelore Kraft [SPD]: Frau Gödecke hat sich schon lange gemeldet!)

– Das ist die Reihenfolge, die hier steht. Und danach geht es.

Horst Becker (GRÜNE): Frau Präsidentin, bevor ich meine Frage stelle, würde ich gerne den Hinweis geben, dass ich deutlich gesehen habe, dass sich die beiden Kolleginnen lange vor Ihrem Aufruf gemeldet haben. Ich will das nur der Ordnung halber sagen.
Jetzt komme ich zu meiner Frage an Herrn Krautscheid. Herr Krautscheid, wir haben heute zur Kenntnis nehmen dürfen, dass es sich immer um Parteiveranstaltungen gehandelt hat, dass Sie zumindest, wie Sie sagen, keinen Anlass dafür sehen, zu vermuten, dass die Reden in der Staatskanzlei vorbereitet worden sind, und dass Sie, wie Sie gesagt haben, großen Wert auf die Trennung von Partei- und Ministerpräsidentenamt legen. Dem entgegen steht zumindest die Maßgabe ansonsten, dass Ministerpräsidenten rund um die Uhr im Amt seien.
Deswegen will ich zur Abgrenzung folgende Frage stellen und bitte um präzise Beantwortung, wenn nicht heute, so dann doch zu Protokoll. Sind die Fahrten zu diesen vier namentlich ausschließlich Parteiveranstaltungen mit dem Dienstwagen des Ministerpräsidenten erfolgt

(Lachen von der CDU)

und, wenn ja, sind sie als privat abgerechnet worden?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Ich freue mich, Herr Kollege Becker, dass wir jetzt zu den großen Themen der deutschen Politik kommen können.

(Beifall von der CDU)

Das ist angesichts der fortgeschrittenen Zeit auch verständlich.
Also: Das kann ich natürlich aus dem Stand nicht beantworten, aber die Antwort wird selbstverständlich nachgereicht.

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Eumann.

Marc Jan Eumann (SPD): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Herr Krautscheid, ich bin einigermaßen überrascht, dass Sie glauben, dass die Beziehungen, insbesondere die Wirtschaftsbeziehungen, zwischen Rumänien und Nordrhein-Westfalen diesen Ausfall des Ministerpräsidenten unbeschadet überstehen werden. Natürlich bleibt da eine Lücke. Ich glaube, es gibt einen gewissen Interpretationsspielraum zwischen dem, was Sie hier formuliert haben, und dem, was der rumänische Präsident formuliert hat. Da sind die Agenturen doch sehr eindeutig: AFP, dpa, ddp.
Ich möchte aber zurückkommen auf den Bonner Kommunalwahlkampfauftritt von Ministerpräsident Rüttgers und die Frage noch einmal genau stellen. Sie nehmen nämlich die die Kanzlerin begleitenden Journalisten als Zeugen dafür, dass in der Rede des Ministerpräsidenten nichts vorgefallen sei.

(Zurufe von der CDU)

– Herr Wichter hat als Regierungssprecher genau diesen Hinweis gegeben. Diesen Hinweis nehme ich zum Anlass, Sie ausdrücklich zu fragen, Herr Krautscheid: Können Sie sicherstellen, dass die die Kanzlerin begleitenden Journalistinnen und Journalisten den Auftritt des Ministerpräsidenten in ganzer Länge verfolgt haben,

(Lachen von der CDU)

sodass Sie diese Journalisten dann auch als Zeugen nennen können, so wie Sie es gerade in Ihrem Hinweis getan haben? So war Ihre Formulierung, Herr Krautscheid. Sie gewichten Ihre Worte ja aus guten Gründen sehr genau. Sie haben die Vielzahl der anwesenden Journalisten als Zeugen genommen und gesagt, denen sei ja auch nichts aufgefallen. So ähnlich war Ihre Formulierung. Deswegen will ich ganz genau wissen, ob Sie das aufrechterhalten können oder ob Sie Ihre Aussage nicht eher relativieren wollen, vielleicht auch zum eigenen Schutz.

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Krautscheid.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Abgeordneter Eumann, da wir beide große Kinofreunde sind: Sie kennen den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Das Schöne an dem Film ist das Ironische: Jeder Tag fängt gleich an. Mir kam Ihre Frage jetzt auch bekannt vor; das gebe ich zu. Ich dachte, ich hätte sie schon einmal gehört.

(Beifall von der CDU – Marc Jan Eumann [SPD]: Und trotzdem nicht beantwortet!)

– Ich will vielleicht in einer Variante antworten. Ich kann nicht ausschließen, dass einer Kaffee trinken gegangen ist. Ich kann auch nicht ausschließen, dass einer von denen zwischendurch in alter Verbundenheit zur schönen Bundesstadt Bonn shoppen gegangen ist. Ich weiß es nicht, welche von den Journalisten die komplette Rede gehört haben oder nicht. Keiner von uns kennt diese Rede komplett. Deswegen ist die Fragerei zu der Bonner Veranstaltung müßig.

(Hannelore Kraft [SPD]: Warum nennen Sie Zeugen, wenn Sie das nicht wissen?)

Sie und ich kennen den Text nicht und wissen auch nicht, wer dabei war.
Zu dem Satz, den der Regierungssprecher an dem Nachmittag kommentierend gesagt hat, dass jedenfalls bei dieser Rede in Anwesenheit der Bundeskanzlerin und vieler Journalisten keinem an dieser Rede etwas aufgefallen ist oder beanstandungswürdig erschien, entsteht der Rückschluss bei Ihnen im Kopf. Sie glauben, weil da ja eventuell etwas gewesen sein müsse, könnten keine Zeugen dabei gewesen sein, die das dann widerlegen. Sie kennen die Rede nicht. Ich kenne sie nicht. Ich weiß nur, es waren mehrere Tausend Leute da, und die haben sich darüber gefreut.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Regina van Dinther: Frau Wiegand.

Stefanie Wiegand (SPD): Vielen Dank. Herr Minister Krautscheid, Sie haben auf die Frage von Frau Gödecke ausgeführt, Sie könnten keine Aussage zu Reaktionen aus der Bevölkerung machen, weil die bei der Partei eingehen würden und nicht in der Staatskanzlei eingegangen sind. Sie haben auf die Frage von Frau Hack geantwortet, Sie mussten am Freitagnachmittag reagieren, weil so viele Anfragen in der Staatskanzlei angekommen sind.

(Zurufe von der CDU)

Herr Minister Laschet hat die Reaktion der türkischen Gemeinde zitiert. Deswegen frage ich die Landesregierung: Welche weiteren internationalen Reaktionen sind der Landesregierung bekannt?

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Erstens. Die Frage enthält schon wieder mehrere Unrichtigkeiten. Es tut mir leid. Lesen Sie das Protokoll. Die Frage nach den eingegangenen Reaktionen habe ich nicht mit Verweis auf Partei und Staatskanzlei beantwortet, sondern mit dem Hinweis: Ich kann Ihnen dazu keine Auskunft geben, das prüfe ich gerne und leite es Ihnen zu, sofern das Eingänge in der Staatskanzlei betrifft. Richtig? Das war meine Antwort. Sie haben sie leider falsch dargestellt. Ich finde, ein bisschen Ordnung muss sein.
Zum Zweiten: Welche internationalen Reaktionen sind uns bekannt? Es ist keine Reaktion des Weltsicherheitsrates bekannt. Es ist keine Reaktion der NATO bekannt. Die Europäische Union hat sich nicht damit beschäftigt. Meine Damen und Herren, lassen Sie bitte die Tassen im Schrank. Es ist wirklich absurd, was Sie hier an internationalen Reaktionen erfragen.

(Beifall von CDU und FDP)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Stotko.

Thomas Stotko (SPD): Herr Minister Krautscheid, um es zu vereinfachen, bleiben wir in Nordrhein-Westfalen. Ist der Herr Ministerpräsident auf die von Ihnen benannten acht Parteitermine durch die Staatskanzlei personell, inhaltlich, organisatorisch vorbereitet

(Zurufe von der CDU)

und insbesondere vom Regierungssprecher oder von Mitarbeitern der Staatskanzlei begleitet worden?

(Helmut Stahl [CDU]: Könnt ihr nicht hören oder lesen?)

Präsidentin Regina van Dinther: Herr Krautscheid.

Andreas Krautscheid, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Stotko, auch bei Ihnen wollen wir immer schön gerade auf der Straße bleiben.

(Heiterkeit und Beifall von der CDU)

Sie haben in Ihrer Frage gerade „von mir genannte acht Termine“ angeführt: Ich habe keinen einzigen dieser Termine genannt. Diese acht Termine stammen aus einer Frage von Herrn Priggen. Sie müssen sich, wenn Sie fragen, untereinander ein bisschen besser synchronisieren, und Sie müssen auch die ganze Zeit aktiv und geistig wach dabei sein. Dann geht das.

(Beifall von CDU und FDP)

– Ja, ist doch wahr.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

– Sorry. Frau Kraft, die letzten drei Fragen

(Edgar Moron [SPD]: Das ist doch kein Minister, der so redet! – Hannelore Kraft [SPD]: Frau Präsidentin, schreiten Sie doch bitte mal ein! Das darf doch nicht wahr sein!)

haben alle mit einer Unterstellung begonnen. Das kann und muss ich richtig stellen, Frau Kraft. Das geht nicht anders. Eins, zwei, drei.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Drei Fragen, drei Unterstellungen, die nicht in Ordnung sind. Ich finde, Präzision gehört auch schon bei der Fragestellung dazu, nicht erst bei der Antwort.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Herr Stotko, ich bleibe bei meiner Antwort von eben. Ich habe für die von Ihnen beschriebenen Aktivitäten und Unterstützungsmaßnahmen usw. keinerlei Hinweise.

(Zuruf von der SPD. Pöbel!)

Ist mir nicht bekannt.

(Hannelore Kraft [SPD]: Sie müssen doch wissen, ob Ihre Mitarbeiter da sind! Sie sitzen doch da!)

Präsidentin Regina van Dinther: Meine Damen und Herren! Ich beende die Fragestunde. Die Fragestunde hat 17:53 Minuten länger gedauert, als vorgesehen.