
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!
Lassen Sie mich zum Schluss dieses unerfreulichen Beratungsgangs zum Verfahren doch noch einmal eine Bemerkung machen. Ich will daran erinnern, dass wir letztes Jahr im Dezember als SPD-Fraktion erklärt haben, dass es einen Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung in § 27 geben muss. Wir haben die Eckpunkte benannt und bereits im Dezember letzten Jahres deutlich gemacht, dass das Gremium unserer Wahl, also der SPD, der Integrationsrat ist, dem wir gegenüber dem Integrationsausschuss deutliche Vorzüge gegeben haben.
In diesen Eckpunkten haben wir damals auch beschrieben, wie das aktive Wahlrecht für Eingebürgerte nach dem Wunsch der LAGA geregelt werden muss. Damals haben wir auch schon deutlich gemacht, dass wir, sollte es eine Möglichkeit des Eintragens in Wählerverzeichnisse geben, an der Stelle zufrieden gestellt wären.
Das hat auch der Innenminister gesagt: Auch in der SPD-Fraktion hat es gerade über die Erweiterung des aktiven Wahlrechts natürlich Diskussionen gegeben. Aber die Frage des Auslegens von Wählerverzeichnissen, die dazu führt, dass die Menschen, die es wollen, Eingebürgerte, die es wollen, an dieser Wahl aktiv teilnehmen können, sollte dann tatsächlich auch ein ausreichendes Mittel sein.
Deshalb ist es mir, weil die CDU im Dezember an dieser Stelle durchaus Bewegung signalisierte,
(Beifall von der SPD)
umso unverständlicher, wie es jetzt zu einer Diskussion darüber kommen konnte, ob dieses aktive Wahlrecht nach fünf oder zehn Jahren erlischt.
Frau Asch hat gerade schon zu den Spätaussiedlern etwas gesagt. Aber auch bei den anderen Menschen mit unterschiedlichem Migrationshintergrund können wir uns nur wünschen, dass gerade die, die in dieser Community hohes Ansehen haben und eine hohe Vermittlungsfähigkeit mit sich bringen, auch am Ball bleiben und in diesen Gremien mitwirken, gerade um an der Stelle ihre besonderen Fähigkeiten einbringen zu können. Und das soll nach fünf Jahren erlöschen? Und dann ist Ende? Es tut mir leid, das ist absolut unlogisch und zeigt ein Verständnis von Integrationspolitik, dem ich und meine Fraktion auch nicht schlechterdings überhaupt nicht folgen können.
Ich will Ihnen dann auch noch einmal etwas zu der Frage sagen, warum der Integrationsrat festgeschrieben werden sollte; das betrifft das Verfahren, das weit in die letzte Legislaturperiode hineinreicht.
Wir haben die Experimentierklausel bemüht, weil es durchaus und im Übrigen auch in der CDU und der FDP heftige Zweifel daran gegeben hat, ob man schon 2004 tatsächlich festlegen könnte, ob es einen Integrationsrat geben sollte mit einer Zweidrittelmehrheit von direkt durch die Migrantinnen und Migranten gewählten Ausländern oder aber einen Integrationsausschuss.
Damals haben wir uns hier alle auf einen Kompromiss eingelassen. Warum haben wir das getan? Weil es uns wichtig war, alle vier hier im Landtag vertretenen Fraktionen in ein Boot zu bekommen. Dieser Bemühung haben Sie sich jetzt überhaupt nicht ausgesetzt. Durch die Experimentierklausel hat sich dann für alle erkennbar herausgestellt, dass die überwiegende Zahl der Gremien Integrationsräte geworden sind.
Wir haben damals versprochen, dass wir die Erfahrungen auswerten, evaluieren und dann die Gemeindeordnung ändern werden, und zwar eindeutig. Dem verweigern Sie sich hier. Sie wollen die Gemeindeordnung nicht eindeutig ändern. Und dem verweigern sich die Grünen übrigens auch.
Damit kann ich Ihnen sagen, was bei den Migrantinnen und Migranten als Ihr angestrebtes Ziel angekommen ist: am Ende immer noch Bevormundung vor Partizipation auf Augenhöhe.
(Beifall von der SPD)
Und das ist das Problem. Damit sind Sie wortbrüchig geworden.
Die Frage, wann wir unseren Änderungsantrag eingebracht haben, hatte sehr viel damit zu tun, dass es zahlreiche Anhörungen zu diesem Thema gegeben hat und wir immer noch geglaubt haben, dass Sie sich der Meinung der kommunalen Spitzenverbände anschließen oder wenigstens diese Frage viel einfacher und eindeutiger regeln, nämlich nur ein Gremium festzulegen, den Integrationsrat, der so große Zustimmung gefunden hat – nicht nur bei den Menschen in dem Gremium selber, sondern eben auch bei den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern, die deutscher Herkunft sind.
Vor dem Hintergrund ist Ihre Entscheidung nicht nachvollziehbar und nur damit zu erklären, dass Sie sich am Ende der Mühsal dieser Gremien, in denen zwei Drittel Migrantinnen und Migranten selbstbewusst sitzen und ihre Forderungen formulieren, nicht aussetzen wollen, sondern an der Stelle bevormunden wollen. Auch da werden Sie wortbrüchig. Das war ein Teil des Versprechens aller vier Fraktionen hier im Hause. Da werden auch die Grünen wortbrüchig. Das ist Wortbruch à la Jamaika.
Deshalb, meine Damen und Herren, wäre es das Beste gewesen, Sie hätten all Ihre Gesetzentwürfe vom Tisch genommen und es so gelassen, wie es jetzt ist. Es wird nämlich – das werden Sie erleben – in einigen Kommunen über die Abstimmungen, welches Gremium denn dasjenige sein wird, das in der Gemeinde greift, ganz sicher substanziell Verschlechterungen für die Migrantinnen und Migranten und die Partizipation geben.
(Beifall von der SPD)
Das nehmen Sie sehenden Auges in Kauf. Warum muss noch einmal entschieden werden? Das ist nicht nachvollziehbar.
Vor dem Hintergrund kann ich Ihnen nur sagen: Es geht nicht um Kommunalwahltaktik oder irgendetwas. Wenn man Ihrer Logik folgt, Herr Innenminister, dann ist das doch sowieso ganz egal; denn es ist ja nur eine begrenzte Zahl von Leuten. Das ist doch überhaupt nicht der Punkt. Es geht darum, wie ernst wir Partizipation nehmen. Partizipation ist im Kern das, worum es bei der Integration geht, politische Teilhabe an der Gesellschaft. Und da sind Sie nicht bereit, über Ihren eigenen Schatten zu springen. Das ist hoch bedauerlich. Deshalb gibt es eine Verschlechterung in diesem Land und stellt Ihr Gesetzentwurf eine Verschlechterung dar. – Herzlichen Dank.
(Beifall von der SPD)