
Meine Damen und Herren!
Herr Minister!
Das ist schon traurig, dass man sich die Bürger nicht malen kann. Das ist so. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.
(Beifall von SPD und GRÜNEN)
Das, was Sie gesagt haben, ist immer ein Zeichen von politischer Schwäche. Wenn man Demonstrantinnen und Demonstranten, die berechtigte Anliegen vortragen, beschimpft, so ist das ein Zeichen von Schwäche.
(Beifall von SPD und GRÜNEN)
Soll ich Ihnen etwas sagen, Herr Laschet? – Das ist auch ein Zeichen dafür, wie stark Sie mittlerweile mit dem Rücken an der Wand stehen. Das können Sie hier auch nicht hinwegschwurbeln.
Eine Antwort noch in Richtung des Kollegen Lindner. Herr Lindner, zu den Dingen, die Sie aus der Vergangenheit vorgetragen haben, habe ich eine einzige Frage: Hat das dieses Parlament jemals erreicht? Sie zitieren aus Protokollen des Kabinetts von Rot-Grün.
(Christian Lindner [FDP]: Nein!)
Hat das dieses Parlament jemals erreicht? Soll ich Ihnen sagen, warum nicht? Weil wir starke Fraktionen waren, weil wir gesagt haben: Das wollen wir politisch nicht. Das ist der Punkt.
(Beifall von SPD und GRÜNEN)
Aber was ich hier erlebe,
(Zuruf von Helmut Stahl [CDU])
– ja, ja – ist, dass Sie Ihre Leute ermutigen, Herr Stahl, schön den harten Rücken zu machen, denn Sie wissen, dass Sie mit diesem Gesetz vor Ort eingehen. Und das ist der Punkt.
(Beifall von SPD und GRÜNEN)
Sie sind nicht in der Lage, das Regierungshandeln politisch irgendwie zu beeinflussen. Und ist die traurige Wahrheit über dieses Gesetz.
(Beifall von SPD und GRÜNEN)
Herr Laschet, Sie haben damit eben schon wieder angefangen: Sie erzählen das Wunder von Aachen, von einer Kindertageseinrichtung der Arbeiterwohlfahrt in einem sozialen Brennpunkt.
(Minister Armin Laschet: Die gibt es überall!)
Da haben Sie sich mit den Erzieherinnen unterhalten. Sie haben demonstriert, die Eltern waren auch ganz sauer. Dann haben Sie denen vorgerechnet: Es gibt 70.000 € mehr. Klasse, Herr Minister, wirklich klasse! Sie haben wieder verschwiegen – das haben Sie den Leuten gegenüber nicht gesagt, ich habe nämlich mit dieser AWO-Kita gesprochen –, unter welchen Kautelen sie die 70.000 € mehr bekommen. Soll ich Ihnen das sagen? Da fallen zum Beispiel zwei zusätzliche pädagogische Fachkräftestellen weg.
(Widerspruch von Minister Armin Laschet)
– Natürlich! Da fallen die Betriebspraktikantenstellen weg. Und das ist die Wahrheit über Ihr Gesetz.
(Minister Armin Laschet: Stimmt doch gar nicht!)
Darüber hinaus, Herr Minister, kann der Träger nur hoffen, dass das Jugendamt auch 45 Stunden Öffnungszeiten ermöglicht bzw. die Eltern auch weiterhin mehr als 35 Stunden wählen und bezahlen können. Und das ist die Wahrheit über Ihr Gesetz. Dann schmilzen 70.000 € schnell weg, so schnell kann man gar nicht gucken. Das, Herr Minister, ist ein Punkt.
Aber der andere Punkt, auf den ich eingehen möchte: Ich möchte ein paar andere Einrichtungen nennen, die Sie demnächst mit Ihren Mathematikkünsten beglücken. Dann haben wir eine normale Einrichtung – eine Kita, drei bis sechs Jahre – mit zwei kleinen altersgemischten Gruppen. Sie sagen: Luxus, Luxus! Aber noch Anfang dieses Jahres wurde der Einrichtung vom Landesjugendamt testiert, dass sie den Stellenbedarf und all das, was sie da haben, auch dringend braucht. Sie hat ein Minus von 167.060 €
(Wolfgang Jörg [SPD]: Hört, hört!)
und ein Minus von drei Stellen. Da sollten Sie hingehen, Herr Minister. Ich kann Ihnen gleich die Adresse sagen. Besuchen Sie die einmal und beglücken Sie die mit Ihren Rechenkünsten!
(Beifall von SPD und GRÜNEN)
Ein weiterer Punkt: Zwei Kindergartengruppen, eine Kitagruppe und noch eine andere Kitagruppe, zwei bis sechs Jahre. Da haben wir in der Zwischenzeit einen Verlust von zwei Stellen und ein Minus von 74.861 €.
Aber jetzt, Herr Minister, werde ich Ihnen das absolute Highlight Ihrer Politik präsentieren. Es ist eine Elterninitiative. Auch sie hat Anfang des Jahres testiert bekommen, dass sie all den Bedarf, den sie hat, auch nach wie vor finanziert bekommt, und das das alles berechtigt und richtig ist. Sie blicken auf ein Minus auf 134.500 € und 3,9 Stellen.
Wissen Sie, was der Vorsitzende dieser Elterninitiative, eines Vereins, mir gesagt hat? Er hat vor vier Jahren für sich und seine Familie ein Haus gebaut. Vereinsvermögen hat der Verein nicht mehr. Und vor dem Hintergrund, Herr Minister, wird er diese Kita schließen. Schade nur, dass wir da eine Kita mit 55 Stunden Öffnungszeiten neben einem Krankenhaus haben. Und dieses Krankenhaus nimmt diese Kita-Plätze gerne in Anspruch. Und das ist die Wahrheit über Ihr Gesetz, Herr Minister.
(Beifall von SPD und GRÜNEN)
Und angesichts dessen, was Sie vorhaben – Herr Lindner, Sie haben gefragt, was wir wollen –, sagen wir als Sozialdemokraten – ich habe es erkannt, das konnte man Ihnen am Sonntag im Fernsehen ja ansehen –: Ein Zurück auf Los geht nicht mehr. Sie wissen, dann können Sie zurücktreten.
(Wolfgang Jörg [SPD]: Reine Machpolitik!)
Das ist der Punkt.
(Zuruf von Minister Armin Laschet)
– Ja, natürlich. Das ist der Punkt. Also mit dem Kopf durch die Wand.
Wir geben Ihnen folgende Hinweise: Überlegen Sie, weil man aus dem KiBiz kein gutes Gesetz machen kann. Trotzdem werden wir Ihnen ein paar Änderungsvorschläge an die Hand geben. Kehren Sie zum Beispiel zurück zu den kindbezogenen Gruppenpauschalen, die Konsens waren. Das hat Ihre Kollegin, Frau Milz, kindbezogene Gruppenpauschalen genannt. Das war die Kompromissformel zwischen den Wohlfahrtsverbänden und Ihnen. Führen Sie den Elternbeitragsdefizitsausgleich wieder ein!
(Beifall von der SPD)
Sie müssen mittlerweile wahrgenommen haben, zu welchen Verwerfungen es hier im Land kommt. Sichern Sie die Finanzierung der Berufspraktikanten im Gesetz! Sie wissen, damit ist die Zukunft des Berufsfeldes Erzieherinnen verbunden.
(Beifall von der SPD)
Stellen Sie die Elternmitbestimmung wieder her! Und vor allen Dingen eines, Herr Minister: Schaffen Sie Übergangsregelungen! Schauen Sie sich Bayern an! Dort gab es drei Jahre Übergangsregelungen. Sie sind dann zu dem Schluss gekommen, noch zwei Jahre draufzulegen. Man kann kein Land, keine Kinder und Familien dazu verurteilen, den größten Flächenversuch Deutschlands in der Umstellung der Kindergartenfinanzierung zu machen.
(Beifall von der SPD – Wolfgang Jörg [SPD]: Kein Experiment mit unseren Kindern!)
Das alles, ganz sicher, Herr Minister, macht aus einem wirklich schlechten Gesetz kein wirklich gutes Gesetz. Aber das, was ich gerade genannt habe, ist das, was Sie ändern müssen, um erheblichen Schaden von Kindertageseinrichtungen, den Kindern und den Familien in Nordrhein-Westfalen abzuwenden.
Zum Schluss möchte ich aus der Anhörung zitieren, weil die Anhörung heute schon vielfach Thema war, und zwar von Frau Hepenstrick, von der Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände. Sie hat in ihrem letzten Beitrag gesagt – ich zitiere –:
„Schließen möchte ich mit einer Ermutigung, die man den Worten des niedersächsischen Ministerpräsidenten zu dem Verfahren bezüglich der Nichtrauchergesetze entnehmen konnte. Anlässlich einer Anhörung dazu hat er wohl sinngemäß gesagt, dass es keine Schande für eine Landesregierung sei, gemäß dem Rat der eingeladenen Experten zu handeln und Wesentliches des Eingebrachten noch einmal zu verändern.“
Und ich, Herr Minister, wir als Sozialdemokraten wünschen uns, dass es genau dazu kommt, dass Sie in der Lage sind, Größe zu beweisen, und nicht mit dem Kopf durch die Wand gehen und die Dinge verändern.
Ich habe Ihnen eben gesagt: Das ist die letzte Brücke, die Sie haben. Es geht nicht darum, dass Sie mit uns eine Brücke bauen müssen. Das habe ich lange für mich abgehakt. Sie müssen eine Brücke bauen zwischen sich und der Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände und den kommunalen Spitzenverbänden, weil das die Leute sind, die Ihr Gesetz aushalten müssen, die es umsetzen müssen. Wenn Sie diese Brücke einreißen, dann – das kann ich Ihnen sagen – ist Ihr Ende nahe.
Diese Landesregierung wird es nicht ungeschoren überleben, wenn Sie diese Kindergartenlandschaft so zugrunde richten, wie Sie das mit diesem Gesetz vorhaben.
(Beifall von SPD und GRÜNEN)