Debatte um den Ausbau der frühkindlichen Betreuung um Qualitätsaspekte erweitern

Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!

Herr Lindner, dass Sie es um 14:30 Uhr an einem Freitagnachmittag noch schaffen, mich zu Tränen zu rühren, dass hätte ich nicht gedacht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich habe mich wirklich gefragt, was dieser Antrag soll. Jetzt komme ich langsam dahinter. Das ist wirklich sehr, sehr interessant. Ich sage mal ganz offen – Herr Lindner hat es auch schon angesprochen –: Wenn es Ihnen so wichtig ist – dass sage ich insbesondere in Richtung CDU –, in der Betreuungsdiskussion mehr über Qualität zu reden, warum tun Sie es dann nicht?

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Das machen wir doch hier!)

Was soll das? In all den Wochen, in denen Frau von der Leyen durch die Gazetten geisterte, habe ich von der NRW-CDU und insbesondere von der NRW-CDU-Fraktion nichts Unterstützendes gehört.

(Minister Armin Laschet: Quatsch!)

– Jaja. – Auch die Kommentare zum Krippengipfel seitens der NRW-CDU-Fraktion waren ausgesprochen spärlich. Warum kommt Herr Lindner heute mit dem Rechtsanspruch für Kinder ab zwei? Warum?

Letztlich geht es an dieser Stelle doch darum, dass die FDP das Ergebnis dieses sogenannten Krippengipfels, wo man sich auf 35 % Versorgung verständigt hat, infrage stellt. Denn Sie werden nicht bestreiten wollen, dass ein Rechtsanspruch für Kinder ab zwei mehr ist als eine Betreuungsquote von 35 %.

(Christian Lindner [FDP]: Wir wollen 46 %!)

Vor dem Hintergrund muss ich sagen: Wenn Sie eine Qualitätsdiskussion wollen, dann hätten Sie die längst führen können. Mit diesem Antrag wird Ihnen das aber sicherlich nicht gelingen. Denn auch in NRW funktioniert die Debatte nach dem Schema: Ich rede erst einmal über das Geld und dann über die Qualität. Und das ist das, was wir Ihnen beim Referentenentwurf zum Kinderbildungsgesetz vorwerfen.

(Beifall von der SPD)

An der Stelle muss ich Sie übrigens daran erinnern, dass der KiBiz – das ist der verniedlichende Name, den Sie dafür gefunden haben – ein Kuckucksvogel ist. Es gibt nicht wenige Leute, die dieses Gesetz lesen.

(Beifall von der SPD)

Unter Dreijährige, also Zwei- bis Dreijährige, werden in das System geschoben, und das eben
doch, Herr Lindner, unter Abbau der Personal und Qualitätsstandards gegenüber der heutigen Situation.

(Christian Lindner [FDP]: Belegen Sie das mal!)

Dann kommt in Ihrem Antrag wieder das Hohelied auf die Tagespflege. Allerdings hat der Referentenentwurf mit Qualität letztlich wenig zu tun. Bis zu acht Kinder sollen von einer Tagespflegeperson betreut werden, fünf Kinder gleichzeitig.

Vizepräsident Edgar Moron: Frau Kollegin Altenkamp, gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Lindner von der FDP?

Britta Altenkamp
) (SPD): Nein, Herr Lindner ruft die ganze Zeit dazwischen. Da braucht er nicht noch dazwischenzufragen.

Vizepräsident Edgar Moron: Sie brauchen nur Ja oder Nein zu sagen.

Britta Altenkamp
) (SPD): Nein.

(Christian Lindner [FDP]: Britta!)

Nach den Konzepten, die die CDU nach vorne bringt, geht es vor allem um die Ein- bis Zweijährigen. Fünf Ein- bis Zweijährige sollen von einer Tagespflegeperson betreut werden. Da kann man schon ins Grübeln kommen, wenn es Qualität geht. Dann sagen Sie auch noch: An diesem Vorbild soll sich der Bund orientieren. – Gott bewahre!

Sehen Sie sich einmal die Konzepte zum Beispiel in Rheinland-Pfalz an! Das ist wohl ein Standard, an dem man sich orientieren kann. Das, was Sie hier mit Ihrem sogenannten Kinderbildungsgesetz vorgelegt haben, leistet das mitnichten.

(Beifall von der SPD)

Unbestritten ist, dass frühkindliche Bildung und Betreuung besondere Erfordernisse an die Erzieherinnen und Erzieher stellen. Sie werden immer wieder feststellen: Erzieher/-innen, die heute im Hort arbeiten, sagen, dass es fast ein völlig anderer Job ist, mit unter Dreijährigen zu arbeiten. Aber im sogenannten Kinderbildungsgesetz findet sich an keiner einzigen Stelle ein Hinweis darauf, wie denn dieser neue Job tatsächlich geleistet werden soll. Da ist zur Aus-, Fort- und Weiterbildung von Erzieher(inne)n der lapidare Hinweis gegeben worden, dass dies in der Verantwortung der Träger liegt.

Verstehe ich es also richtig, dass Sie mit Ihrem Antrag den Referentenentwurf möglicherweise kritisieren wollen, dass er Ihnen an dieser Stelle nicht ausreicht? Dann kann ich nur sagen: Willkommen im Club! Nicht nur an dieser Stelle reicht er nicht aus. Da gibt eine ganze Menge anderer Punkte, die man auch nennen könnte.

(Beifall von der SPD)

Zum Schluss suchen Sie Ihr Heil bei den privatgewerblichen Trägern. Glauben Sie wirklich, dass durch die privatgewerblichen Träger die Qualitätsdebatte gestärkt wird? Glauben Sie, dass Sie in der Kinderbetreuungsdiskussion über die privatgewerblichen Träger, also über Konkurrenz, tatsächlich mehr Bewegung erreichen können? Droht mit dem Referentenentwurf nicht vielmehr eine Entwicklung hin zu einem „McKindergarten“
mit schlechter bezahlten Erzieher(inne)n und übergroßen Gruppen? Können Sie eine solche
Entwicklung nach dem, was mit dem Kinderbildungsgesetz vorliegt, wirklich ausschließen? Ich meine: Nein. Sie haben die Büchse der Pandora geöffnet. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie sie wieder zukriegen.

Ich will noch einen letzten Punkt ansprechen: Der Unterschied zwischen Ihnen und uns an dieser Stelle ist ganz offensichtlich in diesem Antrag niedergelegt. Sie reden immer über Betreuung. Sie reden nur, wenn es nach draußen geht, das eine oder andere Mal über Bildung. Und das schlägt sich in Ihrem Gesetzentwurf überaus deutlich nieder.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Wir wiederum meinen Bildung, frühkindliche Bildung. Und das ist mehr als frühkindliche Betreuung, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren.

Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)